Freitag, 16. Januar 2009

Toter Januar? Im Antonio-Feuer


Januar

Mancaversa am 03. Januar 2009
Uff. Finalmente! Heute morgen habe ich die Weihnachtsdeko verpackt und das neue Jahr kann beginnen. Ehrlich gesagt bin ich mit den besten Vorsätzen aufgestanden, einen langen Walking-Spaziergang zu machen…Sie wissen, die Weihnachts-Völlerei…Aber das Wetter hat mir, Petrus Sei’s gedankt, einen Strich durch die Rechnung gemacht. So verregnete Feiertage wie dieses Jahr hatten wir schon lange nicht mehr…klar, nach der extremen Wasserknappheit dieses Herbstes waren die Regentage im November und Dezember ein Geschenk des Himmels, im wahrsten Sinne des Wortes. Aber Gift für die Linie…..naja, genug gejammert. Nur wegen des Sonnenscheins purzeln die Pfunde auch nicht!

Januar ist hier im Salento auch nicht der kälteste Monat des Jahres. Das Primat hat der Februar inne. Wenn schon die Mandelbäume blühen schlägt der salentinische Winter noch mal so richtig zu…Aber das halten wir aus. Wir wissen ja, dass es dann auch endgültig vorbei ist.

Trotzdem der Januar also nicht der kälteste Monat im salentinischen Kalenderjahr ist, charakterisiert ihn dennoch ein Feuer gigantischen Ausmaßes am 16. Januar abends in Novoli (ca. 10km westlich von Lecce): La „fuocara“ di Sant’ Antonio Abate. Wieder ein Heiliger, der hinhalten muss für die ursprünglich gar nicht so christlichen Bräuche im Salento. Was hat es damit auf sich?

Wenn die Weinernte um Novoli Ende September abgeschlossen ist und der Negramaro, der hiesige autoktone Rote gekeltert wird, werden die Rebstöcke kräftig für den Winter eingeschnitten. Was sonst auf irgendeinem Feld in der Nähe nach und nach verbrannt werden würde, wird in Novoli und Umgebung gesammelt und gesammelt und gesammelt. Olivenholzreste, alte Stoffe und noch so manches ausgediente hölzerne Möbelstück wird aufgehoben und aufgeschichtet auf der Piazza Tito Schipa von Novoli. Das Zauberwort heißt: Aufschichten. Denn das Material wird nicht einfach so aufeinander geworfen, wie’s kommt. Nein nein, seit Generationen lehren die Väter ihren Söhnen, die „focara“ kunstvoll aufzuschichten, die Materialien miteinander zu verknüpfen und zu verweben, sodass nicht einmal ein Sturm die „Focara“ umwerfen kann. Am Ende steht eine hölzerne Pyramide, ca. 20mt im Durchmesser und eben so hoch, ein gigantisches Freudenfeuer für die einen, ein Mega-Scheiterhaufen für die anderen. Woher stammt diese uralte Tradition?

Dem Heiligen Antonio Abate wird seit Urzeiten die Macht über das Feuer zugesprochen. Nicht umsonst nennt man ihn auch „Sant’ Antonio del fuoco“ – des Feuers. Der Heilige Antonio lebte im 3. – 4.Jh. im Nahen Osten. Er ist Stadtpatron von Novoli, weil er die Stadt von einem Feuer gerettet haben soll. Außerdem hat er laut seiner Biografie den Dämon bezwungen (die Begegnung wird ähnlich beschrieben wie die des Jesus in der Wüste) und eignet er sich damit schon aus zwei Gründen prima als Schutzpatron. Ihm zu Ehren wird am 16.01. die gigantische Focara entzündet. Am 17., dem eigentlichen Festtag, werden Tiere vor den Kirchen gesegnet. Auch diese Tradition wird dem Heiligen Antonio zugeordnet.

Ich kann Ihnen garantieren, dass Ihnen nicht kalt wird, wenn Sie sich entschließen, am 16.01. den Abend in Novoli zu verbringen. Abgesehen von der Tatsache, dass Novoli ein kleiner Ort ist und die vielen Autos weit vor dem Ort geparkt werden müssen (der erweiterte Stadtkern wird schon am Morgen abgesperrt), Sie also schon mal zu einer Wanderung im Abendschein gezwungen sind, sind da außer Ihnen jährlich noch weitere rund 50.000 Personen, es ist also schön kuschelig. Das Riesenfeuer tut dann ein Übriges. Und falls es immer noch frostig ist….es gibt ja noch den Vincotto…das ist bis zur Unkenntlichkeit eingekochter Rotwein, als Sirup gereicht. Schmeckt zu solchen Gelegenheiten mit den unvermeidlichen Pittule, die man darin tunkt, fantastisch.


07. Januar 2009

Sie werden sich vielleicht fragen, warum ich über meine Wahlheimat immer nur Kurioses schreibe, wo man doch auf der ganzen Welt tagtäglich über das eine Übel Italiens hört, sieht und liest, das Italien seit über 100 Jahren fest im Griff hat und auch nicht loslassen will: Die Mafia. Besonders im Süden, werden Sie gedacht haben, kann man sich diesem Phänomen ja nicht verschließen….und spätestens seit dem weltweiten Erfolg des Buches „Gomorrha“ von Roberto Saviano weiß man auch im Ausland ganz genau, was in Italien „geht“….

Wenig wird aber darüber berichtet, was gegen die Mafia getan wird. Erst kürzlich habe ich etwas mehr über die Organisation „Libera“ erfahren. „Libera“ bedeutet „frei“ und so banal das klingen mag – es ist es ganz und gar nicht. Frei sein kann nur, wer über sich, seine Familie, seine beruflichen Aktivitäten frei entscheiden kann. Das organisierte Verbrechen, wie ich bereits auf der Webseite „in-Italy“ schrieb, (http://www.in-italy.de/italien/artikel/3535-wo-liegt-der-sueden-italiens-eigentlich),hat längst viel weit reichendere Ambitionen: Das Ausland, die Politik und Wirtschaft, das sind die Sparten, in denen die Mafia inzwischen ihre Tentakeln ausgebreitet hat.

Das organisierte Verbrechen investiert die Gewinne weiterhin in Italien – in ganz Italien, um genau zu sein. Riesige Ländereien, Deck-Firmen usw. gehören der Mafia. Libera kümmert sich darum, dass nach der Konfiszierung durch den Staat diese Immobilien nicht brachliegen, verfallen oder gar wieder durch Mittelsmänner auf Gerichtsversteigerungen der Mafia zugeführt werden, sondern Kooperativen, Vereinen, Jungunternehmern etc. verpachtet werden. Erst letzten Freitag habe ich auf einer Schulveranstaltung Frau Marisa Capone getroffen. Sie ist Provinzreferentin für Lecce und erklärte mir Existenz und Wirken der Associazione „Libera“. 1995 gab es in Italien ein Referendum (eine Volksbefragung). Diese Referenden empfinde ich als ein grandioses Instrument der direkten Demokratie. Wenn gegen oder für eine Sache ein Minimum an Stimmen gesammelt werden, muss von der Legislative ein Volksentscheid diesbezüglich angestrengt werden. So wurde in der ferneren Vergangenheit gegen alle politischen Kräfte die Scheidung eingeführt, das Recht der Frau auf Schwangerschaftsunterbrechung usw. usw. Dieses demokratische Instrument funktioniert nur nach hinlänglicher und gut ausgeführter vorheriger Aufklärung. Und 1995 hat es einmal mehr funktioniert. „Libera“ hat sich als Verein konstituiert und in nur 3 Monaten einen Volksentscheid erreicht, der innerhalb desselben Jahres durchgeführt wurde und auch gleich 1996 als eines der wichtigsten Gesetzesentwürfe über den Verbleib der Mafiabesitztümer „durchgedrückt“. Dieses Gesetz 109 vom 09.März 1996 reguliert die Verwendung der endgültig konfiszierten immobilen Besitztümer des organisierten Verbrechens. Ich habe Frau Capone gefragt, wie genau diese Verwendungsänderung vor sich geht: Die endgültige Konfiszierung und anschließende Enteignung der Besitztümer erfolgt auf langen juristischen Wegen nach insgesamt 3 Instanzen. Wird nachgewiesen, dass die Immobilien tatsächlich „der Mafia“ gehören, mit Geld unbekannter Herkunft erworben oder erbaut wurden, werden diese enteignet und der jeweiligen Gemeinde unterstellt. Damit war lange Zeit auch schon alles vorbei. Entweder die Gemeinde brachte den Mut und das Geld auf, die enteigneten Objekte unter ihrer Schirmherrschaft „funktionieren“ zu lassen, oder ganze Landzüge, Villen, Appartements etc. lagen für immer brach und verfielen ganz, es sei denn, sie wurden versteigert. Bei diesen Versteigerungen konnte aber nie ausgeschlossen werden, dass nicht über Strohmänner doch wieder die ursprünglichen Besitzer, oder schlimmer noch, deren verfeindete Gegenspieler in den Besitz dieser Objekte gelangten.

Seitdem „Libera“ sich mit viel Mut diesen „unberührbaren“ Besitztümern angenommen hat, laufen die Dinge anders. Durch die Ernennung eines Verwalters gelangt „Libera“ in Mitverantwortung und führt gemeinsam mit der jeweiligen Gemeinde eine Kooperative oder Jungunternehmer, die durch die vorherige Bewilligung eines Projektes für die „Inbesitznahme“ qualifiziert worden sind, an die Objekte heran. Frau Capone erklärte mir, dass fast alle Kooperativen, die heute mit der Lebensmittelproduktion beschäftigt sind, anerkannte Bioprodukte herstellen: Pasta, Olivenöl, aber auch Zitrusfrüchte, Wein, Gemüse, Honig und Marmellade, Salami und Käse….Sie alle kürt das Markenzeichen: Libera Terra (Freie Erde). Und das ist mehr als nur ein Logo für Qualität. Vor allem ist es ein richtiger Schritt in die richtige Richtung: „buono, sano e giusto“. Die Produkte seien „gut, gesund und gerecht“. Ein besseres Marketing kann man dafür gar nicht entwickeln. Dahinter steht eine ganze Organisation, das „Consorzio sviluppo e legalità“ – das Konsortium Entwicklung und Legalität, Coop-Freunde (gli amici coop) usw. Vor allem aber stehen Institutionen, Schulen, Gruppen und Privatpersonen hinter „Libera“ und geben „Legalitätskurse“, informieren an Schulen, organisieren Konferenzen und Diskussionsforen usw. Wenn, wie es im Februar-März 2009 passieren wird, dass in Casarano das Urteil die endgültigen Enteignung eines Objekts (ein Appartement) erwartet wird, stehen schon alle in den Startlöchern. Gemeinsam werden die Projekte zur Weiterverwendung beurteilt, das Beste im Gremium ausgewählt, es wird wieder einmal informiert. Frau Capone hat mich eingeladen, den Versammlungen beizuwohnen und ich werde sicherlich weiter darüber berichten.

„Libera“ hat außerdem den 21. März als Gedenktag für alle Opfer der Mafia ausgerufen. Mehr noch. Der 27. Januar, seit jeher als Gedenktag für die Opfer des Holocausts hier in Italien bekannt, soll, nach „Libera“ auch der Tag des sozialen Befreiung aus der Mafiaknechtschaft werden.

Aktuell gibt es in der Provinz Lecce 66 konfiszierte Objekte verteilt auf 13 Gemeinden.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt „Libera“s ist das „Aufmerksam machen“ auf die internationale Vernetzung des organisierten Verbrechens. Frau Capone sagte mir: „Die Deutschen sind nach den Vielfachmorden von Duisburg (15.08.2007 Anm.d.A.) aufgewacht. Da haben auch die deutschen Bürger bemerkt, dass die Mafia direkt unter ihnen weilt, dass sie in ihren Lokalen speisen, dass der nette Kellner vielleicht ein Scherge ist.“ Damit will sie keineswegs die vielen italienischen Gastarbeiter, die sehr gut in Deutschland integriert sind und die ehrlich ihr Brot verdienen, diskreditieren. Vielmehr will sie darauf aufmerksam machen, dass das kein isoliertes sizilianisches, oder italienisches Phänomen ist. Das organisierte Verbrechen ist leider überall präsent und jede Verhaftung, jedes aufgedeckte Netzwerk sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wer mehr wissen will kann mir gerne schreiben, ich leite alle Fragen an Frau Capone weiter.
Im Moment bemühe ich mich um die Erlaubnis, das Label von Associazione Libera hier auf meinem Blog führen zu dürfen. Flagge zeigen…

Ein weiterer sehr informativer Artikel zu „Libera“ erschien im April 2008 im Stern. Er ist nachzulesen unter:
http://www.stern.de/panorama/:Terra-Libera-Mit-Oliven%F61-Mafia/617736.html

Auch die deutsche OEKOGENO aus Freiburg hat 2008 in seinem Jahresbericht „Libera“ erwähnt:

http://www.oekogeno.de/uploads/pdf/Gutes_Geld_Herbst_2008.pdf

Suchen Sie verstärkt „Terra Libera“ –Produkte. Die Mafia dankt es Ihnen bestimmt nicht!

Inzwischen haben wir Mitte Januar. Ich entschuldige mich an diesem Punkt nochmals für die Verspätung, mit der mein Januar-Kapitel hier im Blog erscheint.

Das Leben geht seinen gewohnten. Gang. „solita vita“ – wie die Italiener sagen. Das Wetter ist uns dieses Jahr auch nicht hold, in den letzten Jahren erinnere ich viel wärmere und trockenere Januare und die Grippewelle erfasst ganz Italien mit unglaublicher Wucht…

Wenn Sie außerhalb der Badesaison Italien besuchen, wird Ihnen an den Einheimischen eins auffallen: Sie sind vermummt. Auch heute noch tun mir die kleinen Kinder leid, die im schönsten Sonnenschein angezogen werden, als müsste man nicht am Kindergarten, sondern am Nordpol aus dem schützenden Auto aussteigen. „Und dann wundern sich die Mütter, wenn ihre Kleinen ständig krank sind…“ dachte ich jahrelang fast verächtlich. Nun, die Zeit lehrt…inzwischen bin ich auch etwas anders angezogen, zumindest, wenn ich längere Spaziergänge vorhabe. Das liegt daran, dass vor allem der Salento sehr windig ist. Er liegt, wie Sie wissen, zwischen zwei Meeren und genau das macht das Klima auch im Sommer etwas angenehmer als anderswo. Nur vom Herbst bis zum Frühjahr hat das auch seine Tücken. Der Wind ist kalt, auch wenn die Sonne, wie beispielsweise gestern in den Mittagsstunden vom Himmel brennt und das Sonnenthermometer auf laue 23 Grad aufheizt. Aber nur in der Sonne. Der Wind kam aus Norden (Tramontana….trocken und eisig) und auch nur 10 Minuten draußen im Fleecepulli (um zu sehen, was meine Blumen und Pflanzen machen) und mir kratzte der Hals….Dasselbe passiert bei Scirocco. Der Wind ist zwar warm, aber er ist gleichzeitig feucht. Diese tückische Mischung lässt schwitzen, aber wehe, man zieht sich aus. Sie werden sagen…na wenn sie aber auch keine Abwehrkräfte besitzt….nun vielleicht nicht genug, aber selbst die, die hart im Nehmen sind, ziehen sich hier anders an. Denken Sie also daran. Windfeste Kleidung und wenigstens ein Stirnband sind im Süden im Winter auf alle Fälle nicht falsch. Überhaupt ist es nicht so, dass die Italiener gar nicht ins Freie gehen. Die hier so gern gesehenen Open-Air Konzerte gibt’s auch mitten im Winter und das hat schon was…Vor ein paar Jahren habe ich auch schon darüber berichtet…

http://www.in-italy.de/italien/artikel/3533-von-taranteln-und-gezwickten"

Dienstag, 6. Januar 2009


as a co writer of this blog
i like to wish all viewers
a very god new year
i will be in the salento in march
looking very much forward to this
* **
ich wünsche allen besucher
dieses blogs ein gutes neues jahr
ich werde im marz im salento sein
und zähle die tage bis es soweit ist
henry