Freitag, 31. Oktober 2008

November, Novello-Monat im Salento


November…

A San Martino ogni mosto è vino

Eine Zeit- und Raumreise in 12 Monaten von Claudia Litti


In der Woche des 11. Novembers jeden Jahres kehrt wieder einmal Feierstimmung ein in Süditalien und nicht nur dort. Jetzt werden Sie sagen, na, wann feiern die Italiener denn nicht? Und da haben Sie auch wieder recht. Aber schließen Sie doch mal in Gedanken die Augen und kommen Sie mit nach Italien. Es geht über die alpine Kette vorbei an Industriestädten, bekannten, berühmten und auch berüchtigten Badestränden immer weiter Richtung Süden. Vor uns erstreckt sich der Stiefel, so, als würde man ihn sich anziehen wollen, wobei man gar nicht so falsch liegt. Wer sich so weit nach unten wagt, zieht sich den italienischen Stiefel an. Seine Mentalität ist hier noch nicht verwässert und auf den Tourismus abgestimmt, wenn nix geht, dann geht eben nix, aber was echte Italiener sind, die geben da nicht auf. Die lehnen sich zurück und warten ab, getreu des Mottos: Manche Probleme lösen sich von selbst, man muss nur warten können. Aber das bezieht sich NICHT auf die Geschäftswelt. Die Apulier sind gute und geschickte Geschäftsleute, die dafür bekannt sind, unkonventionelle Lösungen zu suchen, wenn denn auch die logistische Abgeschiedenheit vom Rest Europas das ganze erschwert… und da, praktisch aus der gleißenden Morgensonne entsteht vor unserem geistigen Auge Apulien. Der Stiefelabsatz. Und weiter geht’s Richtung Süden, denn das Land, in das ich Sie führen möchte heißt Salento, Finibus Terrae, mit anderen Worten, da geht’s nicht mehr weiter.

Früher, ja früher hat man sich hier schon Tage vorher hinter den Herd gestellt und alle möglichen Köstlichkeiten zubereitet. Heute hat man dafür die Nonna, alle anderen sind geschäftig und außer Haus. Heute wird vieles – ja, auch hier – seufz – bestellt und fertig gekauft, keiner hat mehr so viel Zeit wie früher. Nur um den Ehrengast, um den es am 11.11. geht, um den kümmert sich der Hausherr persönlich. Schon allein deshalb, weil die schweren Tamigiane, die dunkelgrünen, bauchigen, furchtbar schweren Korbflaschen kaum zu bewegen, geschweige denn, umzufüllen sind.

Der Ehrengast ist der neue Wein, der Novello. Er wird im August gelesen und bis November gekeltert. Die ganze Sache ist höchst kompliziert, furchtbar zeit- und kraftaufwendig. Wenn Sie denken, der Wein steht nur rum und reift, dann haben Sie sich gründlich getäuscht. Ritusartiges, regelmäßiges Umfüllen ist nötig, um den Wein von Rebenrückständen und anderen mysteriösen Traubeninhalten zu reinigen. Alle Unreinheiten bleiben auf dem Flaschenboden zurück. Das Umfüllen darf immer nur bei Tramontana, dem kalten, schneidenden Nordwind, der höchst selten über das von der sengenden Sommersonne verdörrte und versteppte Land pfeift, geschehen. Und so vergeht die meiste Zeit des Herbstes mit Warten auf den Tramontana. Wenn der dann endlich kommt, wird umgefüllt. Ich habe, ehrlich gesagt, nie so richtig verstanden, wie oft das sein muss,
denn man fragt sich ja, wenn nun kein Tramontana den weinseligen Bauern beglückt, was dann?

Na jedenfalls, in den Garagen der kleinen Gemeinden des Salento stinkt’s im September und Oktober nach Most und das nicht schlecht. Wenn die Garagentüren sich öffnen, um die kleinen Ape auszuspucken, die Sie alle kennen, genau, die knatternden, stinkenden, dreirädrigen, fahrerüberdachten Vintage-Pickups, dann kommt einem so eine atemberaubende Mostblume entgegen, die die versoffenste Hafenkneipe vor Neid erblassen ließe. Und, um es gleich vorweg zu nehmen meine Damen und Herren, dieses etwas günstige Bouquet wird der Selbstgekelterte auch nicht wieder los. Trotzdem ist er, der gehütete, gehätschelte, vor Scirocco-Winden abgeschirmte, sorgsam bewachte Rosso Marke „Eigenbau“ der absolute Star des heutigen Abends.

Ich muss Ihnen noch einige Illusionen nehmen, was den Abend betrifft. San Martino wird hier sehr zünftig gefeiert, selbst in eleganteren Etablissements überwiegt das Ursprüngliche. Geistreiche Gespräche sind zwar nicht unangebracht, gehen aber häufig in der Albernheit des heutigen Abends unter. Italiener philosophieren sehr gerne, aber am Liebsten, wenn der Fernseher die 20 geladenen Gäste zu übertönen versucht, die Teller und Schüsseln scheppern und die Trinksprüche sich die Hand geben.

Glauben Sie also nicht, Sie wären heute der Ehrengast. Wenn alles sitzt, wird ER eingeschenkt, er riecht schon nach Kopfweh und da enttäuscht er die Erwartungen keinesfalls. Das Mahl beginnt mit köstlichen Pittule, in Fett ausgebackenem Teig mit Brokkoliröschen im Inneren, oder Blumenkohl, oder mit Speck oder Zwiebeln.. deftig eben – ich glaube, ich sagte es schon. Und da ist er auch schon: Der erste Trinkspruch. Er ist nicht witziger als die restlichen 19 des heutigen Abends, die noch folgen werden, aber er ist ja der erste Trinkanlass. Und?
Naja, wer jetzt Barrique-Wein erwartet, kann gleich aufhören, Wein zu trinken. Dieser Hauswein erhebt keinerlei Ansprüche auf besondere, extravaganten Finessen wie Bouquet (ich sagte es auch schon), Vor- und Retrogusto. Er ist, wie die Leute dieses Landes: Geradeheraus. Und morgen mit Kopfschmerzen, sprich: gekippt. Man lobt den Wein über alle Maßen, man darf schließlich nicht vergessen, wie viel Mühe dahinter steckt. Gästen, wie Sie es sind, ist am Schluss des Abends, - nein, freuen Sie sich nicht zu früh, wir sind gerade einmal bei der Vorspeise – eine Glas-Tamigiana von 5lt (Standard-Haus-Konfektion) sicher. Ich habe bestimmt bis an mein Lebensende exzellenten Weinessig bei mir rum stehen, und kann in einem Monat die Pilze damit planchieren. Zwar färbe ich sie damit etwas rötlich, aber wen stört das beim Erstaunen über meine hausfraulichen Fähigkeiten (die Pilze schmecken nämlich ganz hervorragend, wenn ich das mal so bescheiden anmerken darf).

Nun, San Martino – pardon – Sankt Martin beschert uns in Deutschland die Martinsgans, dieses verräterische kleine Federvieh, dessen Nachfahren noch heute dafür büßen müssen, dass es seinem instinktiven Schreckgeschrei nachgegeben und Martins Versteck verraten hat. Die Italiener wissen nicht viel über die Kinder-Geschichte von Sankt Martin, aber für sie ist er der Hüter der Weinkiste. A San Martino ogni Mosto è vino – An Sankt Martin ist jeder Most Wein. Da haben wir’s: Bestätigt sich doch wieder mal das alte Klischée von den Italienern, die für alles einen Heiligen brauchen, sonst geht nichts.

Inzwischen ist der Lärmpegel in der kleineren oder, wenn Sie Glück haben, größeren Wohnküche auf das Level eines Presslufthammers in einer Saturday-Night-Disco gestiegen. Und Ihnen ist, als „grüner“ Deutscher, hell entsetzt aufgefallen, dass alles auf dem Tisch aus Plastik ist. Sie fühlen nochmals nach, denn Sie können es nicht glauben. Ja. Während Sie in Deutschland seit Jahrzehnten Generation um Generation mit Umweltschutz impfen, bevor sie auch nur laufen kann, wird Ihnen hier ein Festmahl, und darum handelt es sich schließlich, in feinstem, oft noch buntem, Meissner Plastik aufgetischt. Das Gläserklingen zum Anstoßen wird sowieso vom Gejohle übertönt, warum also Gläser? Als Deutscher hat man im Geschirrschrank das Geschirr und die Gläser für täglich und dann noch eine kleine Auswahl des besseren Geschirrs und schönerer, womöglich kristallener Gläser im Glasschrank im Wohnzimmer. Für besondere Anlässe. Wie dieser heute…Naja, kein Mensch, außer einem organisierten Partyservice hat Geschirr und Gläser für 20 Leute. Aber man hätte doch der Umwelt zuliebe wenigstens das Alltagsgeschirr….Ihr Zweifel bleibt im Raum stehen – oder geht im Lärm unter – wie Sie wollen. Spätestens beim Abräumen verstehen Sie die Welt nicht mehr. Und das liegt nicht an Ihrem übermässigen Weinkonsum: Jemand wird mit der Plastik(schon wieder)-Tüte anrücken und alles lieblos, ohne Rücksicht auf Verluste dort hinein pfeffern. Und schwupp, schon wird der Tisch plastikfrei sein. Ob ich nun dafür eine plausible, entschuldigende Erklärung habe? Eigentlich nicht. Ich find’s genauso schlimm wie Sie. Aber Plastikgeschirr ist hier spottbillig. Wenn also, was in Deutschland bereits in grauer Vorzeit passiert, kein politischer Wille da ist, dann seh’ ich auch in nächster Zeit keinen, außer dem plastikgepflasterten Weg in die italienisch-hausgemachte Umweltkatastrophe. Ach doch! Kürzlich, auf dem Weg zur Arbeit, hörte ich in meinem italienischen Lieblingsradio, dass Ende 2009 auch das Ende der Plastiktüten im Supermarkt für 3-4 Cent sein wird. Dann sollen sie genauso viel kosten, wie im restlichen Europa, soviel nämlich, dass es weh tut. Nun, pazienza. Irgendwo muss man ja anfangen mit dem Umweltschutz, nicht?

Noch so eine traumatisierende Erfahrung ist es, in einem süditalienischen Supermarkt mit einem Korb oder einem Einkaufsnetz zur Kasse zu gehen. Die Kassiererin fragt nicht mal danach, ob Sie eine Tüte brauchen. Ein kurzer fachmännischer – nein fachfrauischer Blick auf das Einkaufsvolumen und schon sind 2-5 Plastiktüten zum günstigen Großpackungspreis von 3 Cent über den Kassenscanner und in Ihren Kassenzettel geflattert. Letztens hat mich eine Kassierin ganz böse angesehen, als ich ihr sagte, ich brauchte keine Tüten, ich hätte die große Kiste im Auto: „Die Tüten können Sie doch auch für den Müll verwenden. Muss ich jetzt wirklich noch mal stornobuchen?“ Mir fehlten die Worte, nicht die Plastiktüten…

Kehren wir zurück zu San Martino. Sie wundern sich, warum in der Küche gegessen wird? Nun, das Wohnzimmer ist nicht zum Wohnen da. Der „Salotto“ wird noch nicht einmal Ihnen zuliebe geöffnet. Die Häuser, in denen ich das „Wohnzimmer“ sehen durfte, waren für Kondolenzbesuche geöffnet. Der oder die Tote lag aufgebahrt im ausgeräumten Wohnzimmer und man konnte ihm dort die letzte Ehre erweisen. Das finden Sie makaber? Wissen Sie, am Anfang konnte ich dem auch nichts abgewinnen, dass der Tote im Haus der Lebenden aufgebahrt wird, dass dort von ihm Abschied genommen wird, und dass er noch einmal im Kreis seiner Lieben die letzte Nacht vor der langen Nacht, die ihn erwartet, verbringen, fast hätte ich gesagt, verleben, darf. Vergessen Sie die Klageweiber, so was gibt’s seit 30 Jahren nicht mehr. Ich hatte die nettesten, zugegeben, gedämpften Unterhaltungen, mit irgendwelchen Freunden oder Verwandten des Verstorbenen direkt vor seinem offenen Sarg sitzend. Es gibt den Lebenden Zeit und verdammt den Tod als solches nicht auf den Friedhof, sondern hier ist er noch Teil des Lebens. Das ist alles. Ehrlich gesagt, ich hatte deshalb keine Albträume. Dieser Ritus verleiht dem Ganzen etwas von trauriger Selbstverständlichkeit. Schade, dass das auch hier nach und nach verloren geht. Wegen Übertherapie sterben heute auch hier immer mehr, auch alte Menschen im Krankenhaus, kommen dort in die Totenkammer und das war’s.

Oder ich sah das Wohnzimmer, überladen mit Blumen und Gebinden und Gestecken, am Freudentag im Leben der Familie, wenn eine Hochzeit anstand. Dann kommt man zwar auch nicht hinein, aber man darf der Braut Kusshändchen zuwerfen, während diese, von Fotografen belagert, für einen Tag Miss Mondo, Miss Universo und Lady Di in einer Person sein darf. Man sagt, es gäbe keine hässliche Braut. Also ich muss Ihnen sagen, das stimmt. Die italienischen Kosmetikerinnen sind wahre Künstlerinnen, Maskenbildnerinnen (ich will jetzt nicht böse sein, bin schließlich auch nur Mittelklasse gewesen) und verdienen einen Haufen Geld damit, dass sie eventuell aus einem Aschenbrödel eine Prinzessin machen. Lassen Sie mich neidvoll bemerken, dass bei der Haarpracht der Süditalienerinnen, die sich zu ihrem Leidwesen auch auf den gesamten Körper erstreckt (wieder so ‚ne Zickenspitze, pardon), die Friseuse und die Kosmetikerin Hand in Hand arbeiten müssen, um der Lage überall am rassig-südländischen Körper Herr – ehm Frau zu werden. Anyway, die Braut steht im Wohnzimmer, das sich in ein Fotostudio verwandelt hat, und Maaaamma (wird betont mit mindestens 3 a’s, sonst klingt’s nicht italienisch genug) rennt aufgeregt hin und her, zupft hier am Kleid, dort an der Schleppe, haben Sie eine Vorstellung davon, wie viel diese Fotosession verschlingt? Für das Geld richten die Deutschen 2 Hochzeiten aus. Und alle 2 Minuten schreit eine Brautjungfer oder eine Freundin der Braut: „10 Minuti“ – danach „12 Minuti“ – Ich dachte beim ersten Mal, dass sei der Count-down, zur Abfahrt der Limousine vor der Tür (am Arm des Vaters vom Elternhaus bis zur Kirche zu Fuß zu gehen und die ganze Gemeinde am freudigen Ereignis teilhaben zu lassen, ist inzwischen auch längst out…), bis ich bemerkte, dass die Ziffern ansteigend sind. Ein vorsichtiges Nachfragen hatte erstauntes Augenbrauenheben zur Folgen: „Sag’ bloß, in Deutschland sind die Bräute pünktlich?“ Es dämmerte mir. Oder besser: Ich wurde vom Blitz der Erkenntnis fast erschlagen. Deshalb stand ich seinerzeit auch in der Kirche und wir haben alle auf den Pfarrer gewartet….unerfahren in den hiesigen Gepflogenheiten, wie ich damals war, war ich als Braut doch tatsächlich pünktlich…unverzeihlicher Fauxpas wie ich später bemerken musste.

Also dieser umgekehrte Count-down steigert sich bis zu 60 Minuten, man hat auch schon von besonders wichtigen Bräuten gehört, die 1 ½ Stunden später in der Kirche erschienen und den Bräutigam schön mürbe gemacht haben. Stehen Sie mal eineinhalb Stunden im besten Anzug am Altar rum und warten Sie und müssen auch noch smalltalk mit dem Pfarrer, so er denn schon anwesend ist, machen. Ich sage Ihnen, selbst der rebellischste junge Mann wird dabei weich. Am Schluss sagen sie alle völlig entkräftet ihr „lo voglio“ – „ich will“, nur damit die Steherei endlich zum Ende kommt. Nachdem ich mich also meiner Unwissenheit diesbezüglich entledigt hatte, wollte ich’s dann ganz genau wissen. Warum, so meine Frage, denn diese „Unhöflichkeit“ gegenüber den Gästen, dem Pfarrer (immerhin ist er die Vertretung der Vertretung Gottes auf Erden, nicht), den Eltern des Bräutigams und last not least, gegenüber dem Bräutigam? Ratlosigkeit seitens der weiblichen Anwesenden. Kurze Stille (können Sie sich das vorstellen???) und dann ein allgemeines Brainstorming, aus dem ich mir dann das Beste rauspicken durfte: Hypothese Nr. 1: Der Bräutigam will in Angst und Schrecken versetzt werden. Nicht sosehr darüber, dass die Braut überhaupt nicht auftauchen könnte, sondern eher darüber, dass die gesamten Ausgaben schon getätigt worden sind, das Hochzeitsbankett (und um ein solches handelt es sich wirklich) und das Haus, das unter Opfern fertig gestellt wurde, dass irgendwie alles umsonst gewesen sein könnte. Hypothese Nr. 2: Erste Rebellion der Braut gegenüber ihrem zukünftigen Ehemann, um ihm gleich mal zu zeigen, wer in der Ehe wirklich kommandiert. Hypothese Nr. 3: Ihm die Kraft für die Hochzeitsnacht zu reduzieren. Letztere Annahme stammte von einer kleinen schrumpligen, ca. 80jährigen Anwesenden, die sich als die Bisnonna, also die Uroma herausstellte und die schmunzelnd hinzufügte: „Aber das nützt natürlich nichts.“ In der allgemeinen Heiterkeit, die die Braut nicht mit einbezog, da sie, wie schon erwähnt, im Wohnzimmer noch immer in den verrücktesten Posen harrte, fotografiert zu werden, war der gewisse Count-down auf 30 Minuten angestiegen. Das ist anscheinend das moderne Limit: Inklusive ein letztes Mal im Kleid Pipi-gehen (10 Minuten) und mit Papa ins Auto steigen (2 Minuten) und zur Kirche fahren (2-5 Minuten, je nach dem) sind wir bei 45 Minuten angelangt. Zeit, den Armen im Gotteshaus zu erlösen.

Entschuldigen Sie meine Ausschweifungen bezüglich des italienischen „Wohnzimmers“, aber man muss schon auf solche kulturellen Unterschiede hinweisen, nicht dass Sie noch denken, man nimmt Sie als Gast nicht wichtig genug. Ich bestätige einmal mehr einen Gemeinplatz, wenn ich Ihnen versichere, dass Sie einem Süditaliener nie gleichgültig sein werden, wenn er Ihnen privat begegnet und Sie an seinen Tisch lädt. Genauso wenig, wie Sie sich wundern sollten, wenn man Ihnen völlig unvorbereitet, mitten in der ausgelassensten Heiterkeit bei Tisch Fragen bezüglich des Nationalsozialismus und Ihrer persönlichen Meinung danach stellt, oder Sie bittet, kurz zu erläutern, wie die Deutschen heute über Hitler denken. Die Italiener sind sich nicht bewusst, dass sie da ein Thema anschneiden, dass an sich ein Tabu für die Deutschen darstellt oder zumindest, dass diese Tragödie in der deutschen Geschichte zu wichtig ist, um darüber in zwei Sätzen zwischen Trinkspruch Nr. 6 und Nr. 8 ein Kurzreferat halten zu müssen. Auch Nachfragen zu Mussolini sind ihnen gar nicht peinlich. Sie nutzen die Gelegenheit, um Vergleiche zu ziehen, zwischen gestern und heute und auch, dass Mussolini ja der humanere Faschismus war. Sie sehen das alles nicht so schrecklich eng. Dabei, und das muss man dazu sagen, sind sie eigentlich sehr sensibel, denn jedes Jahr im Januar, wenn sich der Holocausttag nähert, veranstalten die Schulen und Universitäten Gedenktage und laden jüdische Schriftsteller und Überlebende von KZs ein. Sogar fährt jedes Jahr ein Sonderzug, il „treno della memoria“ nach Auschwitz, voll mit italienischen Jugendlichen, die sehen und mit tausenden von anderen aus ganz Europa erleben wollen, um zu verstehen, was passiert ist. Sehen Sie die Sache so: Sie können einfach nicht widerstehen, einen Deutschen direkt zu befragen. Also bereiten Sie eine 200 Wort-starke-Antwort vor!

Inzwischen haben sich, wie das nun mal bei 20 Personen an einem Tisch üblich ist, kleinere Grüppchen gebildet, die sich munter über das Verschiedenste unterhalten: Die diesjährige Olivenernte, die Jugendarbeitslosigkeit, die bevorstehende Diplomarbeit der Ältesten, über die Jüngste, die statt Schule nur Jungs im Kopf hat, über die Cousine der Nachbarin, bei der ein Tumor diagnostiziert wurde und die schnellstens nach Mailand zur OP muss usw., usw. Sie sitzen da und denken: Die Welt ist ein Dorf. Überall dieselben Probleme.

Sie sassen bereits vor vegetarischen Orecchiette, kleinen Pasta-Öhrchen, die hier strikt selbst gemacht oder zumindest frisch gemacht gekauft werden mit Rape (einer bittereren Brokkoliart) köstlich an Olivenöl und einem Hauch Knoblauch, danach zur Abwechslung ein Stück Parmiggiana (Auberginen-Lasagne), danach sicherlich Nghiummareddhi (sagen Sie ruhig „involtini“, Sie dürfen das, Sie sind schließlich nicht von hier…), das sind Innereinrouladen vom Grill, und selbst wenn Sie kein Innereien-Freund sind, müssen Sie eins probieren. Es schmeckt, vor allem wenn vom Lamm, köstlich, glauben Sie mir. Dazu gegrillte Gemüse der Saison, sprich Auberginen, Peperoni, Zucchine (bitte sprechen Sie mir alle laut nach „Zukkine“ – das ch wird im italienischen wie ein deutsches K gesprochen), danach gibt es wahrscheinlich noch Salciccia [saltschitscha], das ist, tja, wie beschreib’ ich’s jetzt…würstchenartig, aber rohes Fleisch im Tierdarm, dass auf dem Grill gegart wird, mit grünem Gemüse (beispielsweise der Fritta, mit Fenchel und Oliven angebratenes Blattgemüse), danach wahrscheinlich noch Salat und Dolci. Die können variieren, oder man stellt auf den Tisch, was andere mitgebracht haben: Nur soviel, eigentlich gehen sie sowieso nirgends mehr hinein, andererseits, darauf kommt’s auch nicht mehr an.

Danach ist der Abend aber noch nicht zu Ende. Nachdem das Meiste abgeräumt wurde, erscheint wie von Geisterhand vorbereitete Rohkost: geviertelter Fenchel, Stangensellerie. Der dient hier zur Verdauung und geht immer. Wobei Sie vorab gerne versuchen können, aufzustehen und zu helfen, wenn Sie eine Frau sind, werden Sie lächelnd auf den Stuhl zurück gedrückt, wenn Sie aber ein Mann sind, kann es sein, dass Sie gar nicht davon abgehalten werden, zu helfen. Man wird so erstaunt sein, dass Sie mindestens einmal an die Spüle und zurück gelangen, bevor alle weiblichen Anwesenden entzückt aufspringen, zu Ihnen hechten und Sie mit glücklich machenden, wenn auch unverständlichen Liebesbezeugungen, Küssen und Wangenkneifern (unterschiedlich je nach Alter, sowohl dem Ihren, als auf dem der Damen) überschütten. Sagen wir’s mal so: Klar gibt es sie noch, die Macho-Italiener, die im Haushalt keinen Finger rühren. Aber die Dinge ändern sich, und in diesem Fall, würde ich sagen, durchaus zum Guten: Die jungen Leute sind hier fast alle auch Doppelverdiener und das, weil ein Gehalt nicht hinten und nicht vorne reicht. Daher teilt man sich die Hausarbeit, und die süditalienischen Frauen, die in den letzten 20-25 Jahren immer gebildeter sind, „kämpfen sich“ das Mamma-Söhnchen an ihrer Seite gleich in den ersten Ehejahren ganz schön zurecht! Vielleicht ist noch nicht dasselbe Selbstverständnis aufgekommen wie in Mittel- und Nordeuropa, aber die Süditalienerinnen arbeiten dran! – Wenn man auch, wenn ich mir so überlege, einmal separat die Schwiegermutter-Schwiegertochter-Beziehung ausleuchten müsste…die Schwiegermütter versuchen allem Anschein nach auch heute noch, ihre Söhne zum Nichtstun zu erziehen…warum nur, frage ich mich? Waren sie nicht selbst Schwiegertöchter gewesen?

Sie fragen sich sicher: Wird an italienischen Feiertagen noch etwas anderes getan als essen? Die Antwort lautet: Ja und Nein. Ja, weil die interfamiliären sowie freundschaftlichen Bande erneuert werden. Man verspricht sich, nicht mehr so viel Zeit verstreichen zu lassen.

Prinzipiell trifft man sich zum Essen. Aber eigentlich ist das Drumherum, das gesellschaftliche Ereignis dabei wichtig. Deshalb dauern italienische Essen auch so lange. Es ist nicht nur, natürlich auch, dass ein Gang nach dem Anderen aufgetragen wird, sondern dadurch kann man lange Gespräche favorisieren. Sehen Sie, die Mitteleuropäer setzen sich nach dem Essen noch auf die Couch oder machen einen Spaziergang, dabei wird auch gesprochen. Hier, in Ermangelung des Sofas, dass ja vielleicht noch in Cellofan eingehüllt, weil es ja erst vor 15 Jahren gekauft wurde, im Wohnzimmer steht und über dessen Verwendung ich Sie ja schon aufgeklärt hatte …bleibt man einfach bei Tisch sitzen. Dass dabei gewerkelt, abgeräumt und vielleicht sogar zwischen den Beinen der Gäste kurz durchgekehrt wird, stört hier keinen.

Inzwischen, und auch das muss gesagt werden, wenn es eine wirkliche Reportage über das Leben in Süditalien sein soll, sind die jüngeren Pärchen, die seit einigen Jahren in ihrer kleinen Wohnung am Stadtrand leben, auch zu anderen Gewohnheiten übergegangen. Da alle arbeiten, lädt einer ein und alle bringen etwas zum Festmahl mit, dann muss keiner 2 Tage lang am Herd stehen. Auch die Sache mit dem Wein hat sich inzwischen geändert, der junge Hausherr hat außerhalb studiert, ist ein diskreter Weinkenner und besorgt einige Flaschen des besten hiesigen Weins, garantiert fachmännisch gekeltert und bestimmt kein Novello. Schon deshalb, weil in der Garage ein schöner Mittelklasseneuwagen steht, der die nächsten 6 Jahre mühsam abbezahlt und deshalb vor dem Scirocco – wenigstens das hat sich nicht geändert - geschont wird. Jetzt sind Sie neugierig geworden, um welchen Wein es sich handelt? Das werde ich Ihnen bei einer anderen Gelegenheit ausführlich auseinandersetzen…

Nun, bei den Mittel- und Nordeuropäern ist der November der Totenmonat. Dieses Empfinden geht einher mit der Veränderung der Natur, die sich Ende Oktober nach einem bunten Crescendo endgültig für 3-4 Monate zur Ruhe legt. Die südliche Natur ist, klimazonenbedingt, anders herum gepolt. Will sagen, nach einem, wie schon angemerkt, heißen, regenlosen, Sommer im Juli und August wird der September milder, oft regnet es mindestens eine Stunde am Nachmittag, was den Oliven sehr gut tut und spätestens im Oktober passiert, was alle nebel- und kältefürchtenden Mitteleuropäer an diesem Landstrich so fasziniert: Es wird plötzlich alles grün. Unter den Olivenbäumen wächst wieder frisches Gras (auch und vor allem Unkraut, aber das ist eine andere Geschichte…), die rote, staubtrockene Erde wird wieder überzogen mit einem grünen Teppich, die Gemüsehändler bieten von einer Woche auf die andere viele verschiedene Grün-Blattgemüse an, die da sind: Sanapuddhi, Fritta, Cicorine, usw usw. Was am Besten schmeckt, wird nicht angebaut, sondern wild gesammelt. Und wenn es richtig geregnet hat, sieht man viele Menschen, die Zeit haben, mit Plastiktüten längs der Strassen oder mit Regenstiefeln mitten in den frisch gewachsenen Wiesen kopfüber wandeln. Man könnte meinen, sie meditierten über den Regen, das wiederkehrende Grün, in sich gekehrt und Gedichte sinnierend. Aber nein, die Salentiner sind vorwiegend praktische Leute. Sie sammeln Schnecken, die bei Regen aus der Erde kommen. Die werden zuhause einige Tage in Mehl gehalten, damit sie sich selbst reinigen, und dann mit köstlichen Soßen angebraten und verspeist. Nicht jedermanns Sache, bestimmt nicht. Aber es gehört zum salentinischen Herbst wie der Advent zur mitteleuropäischen Vorweihnachtszeit.

Selbstverständlich ist der November auch hier den Toten gewidmet. Und da unterscheiden sich die Traditionen nur geringfügig von den mittel- und nordeuropäischen: Man bringt den Toten Blumen, am 01. November ist Friedhofstag…apropos Friedhof. Waren Sie schon einmal auf einem italienischen Friedhof oder haben Sie einen gesehen? Nein? Dann wird’s aber Zeit. Dieser unterscheidet sich so sehr von den mittel- oder nordeuropäischen, dass es fast schon ein Muss ist…Sie sind nicht scharf darauf? Na gut. Dann nehme ich Sie zu einem virtuellen Spaziergang über einen salentinischen Friedhof mit:


Der Eingang eines süditalienischen Friedhofs unterscheidet sich nur geringfügig von denen auf dem Rest der Welt. Eine Mauer, ein Eingang, meistens säulengesäumt und mit schmiedeeisernem Tor auf dem meistens ein schauerlich-schöner Satz auf Lateinisch steht: „Sie waren dort, wo du heute bist und sie sind heute dort wo du morgen sein wirst“ oder etwas ähnlich Sinniges in der Art. Man fühlt sich gleich zu Hause, wo einem das doch sooo schön veranschaulicht wird, dass man eh hier enden wird…

Man begeht also den Garten der Jenseitigen und siehe da…eine ganze Stadt tut sich einem auf. Die Wege sind gesäumt mit kleinen oder größeren Häusern über denen Schilder prangern wie: „Famiglia Conti“ oder „qui riposa Maria Quarta“ oder so ähnlich.

Wer Gräber im mitteleuropäischen Sinne sucht, sucht bis auf ganz wenige, durchaus exotische Ausnahmen vergeblich. Gut betuchte Familien und nicht nur solche, handelt es sich doch um ein Prestige-Objekt und man kann auch eine Art „Vor-Hypothek“ auf die ewige Ruhestätte aufnehmen um sich was richtig Schickes hinzustellen, lassen Familien-Häuschen bauen, in denen die Verblichenen der Familie und Anverwandten nach und nach ihre letzte Ruhe finden. Mir ging’s wie Ihnen, ich konnt’s nicht glauben. Mein erster Gang auf einen salentinischen Friedhof (ist aber überall in Italien so) erfolgte anlässlich der Beerdigung einer Tante meines Mannes. Schon die Zeremonie selbst, wie oben beschrieben, war für meine Begriffe sehr ungewöhnlich. Aber das Betreten des Friedhofs war sozusagen das Highlight dieses gesellschaftlichen Ereignisses. Der Sarg wird in der Totenkammer aufgebahrt und bleibt dort noch eine Nacht stehen. Vorher war er schon in der Kirche zur Aussegnung und hat dann seinen letzten Weg angetreten. Dabei gehen die Familie und dahinter alle, die zur Beerdigung gekommen sind, hinter dem im Leichenwagen fahrenden Sarg hinterher. In großen Städten natürlich nicht, da fahren alle im eigenen Wagen zum Friedhof und man trifft sich dort. Aber in den kleinen Orten wird der Verkehr angehalten, die Vigili Municipali, die Stadtpolizei, lässt den Totenkorso vorbeiziehen und alle Geschäfte der betreffenden Strassen schließen die Türen oder lassen sogar die Rollos aus Respekt herunter. Im Friedhof stellen sich die vorwiegend männlichen Verwandten vor den Sarg, um nochmals Beileidsbezeugungen entgegenzunehmen und dann gehen alle nach Hause. Am nächsten Tag wird der Sarg in die Mauer gestellt. Viele, denen es nicht zur eigenen Ruhestätte gereicht hat, werden in der Gemeindemauer beigesetzt, immer 5 übereinander und 5 nebeneinander. Da kann man sich dann aber nicht aussuchen, neben oder über wem man liegen möchte…da kommt es nur auf das Datum an.

Kürzlich gab es eine wunderschöne Friedhofsführung durch den alten Lecceser Friedhof, den „giardino funebre“, den Beerdigungs-Garten. Dabei habe ich endlich auch eine zufriedenstellende Erklärung dafür gefunden, warum die Menschen hier nach oben und nicht, wie in Mittel- und Nordeuropa, nach unten „begraben“ – aber das Wort passt nun hier eigentlich nicht, sehen wir’s also metaphorisch - werden: Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden alle Bürger von Städten und Dörfern in ihren Kirchen begraben. Die Kirche war der Leitfaden der Menschen durch ihr gesamtes Leben, so war es nicht verwunderlich, dass jeder seine letzte Ruhe in ihrem Innern finden wollte. Das Gebäude Kirche wurde mit dem „Schoß“ Kirche gleichgesetzt. Man war näher bei Gott. Es gab in jeder Kirche Grüfte, die die Körper der Verstorbenen ohne Sarg aufnahmen. Diese mangelnde Umhüllung hatte natürlich eine schnelle Zersetzung zur Folge und so konnten immer wieder die unten liegenden Knochen gesammelt und ins Beinhaus gelegt werden und von oben kamen immer neue Körper nach. Nun begann man aber schon Mitte des 18. Jahrhunderts, von Grundwasserverseuchung zu reden und allmählich auch die Grüfte damit in Verbindung zu bringen. Nun, 100 Jahre später durfte dann endgültig niemand mehr in den Kirchen begraben werden. Es wurde ein „Camposanto“ ein „Heiligenfeld“ vor den Toren der Städte oder Dörfer geschaffen, die Erde wurde geweiht, mit Kirche und Mauer versehen und zum Friedhof gemacht. Die Resistenz der Bürger Lecces hat übrigens fast 100 Jahre gedauert, bis man schließlich nachgab und der erste Lecceser im „Beerdigungs-Garten“ begraben wurde. Die Tradition, die Toten in Gemäuern zu begraben, war aber geblieben, daher die Idee mit den Häusern.

Und so ragen die steinernen Ruhestätten still in den azurblauen Herbsthimmel und zeugen von ihren längst verblichenen Erbauern. Man sieht pyramidenförmige Häuser, eigentlich ja nicht sehr christlich, an die große Reise ins Amentet zu glauben…man sieht römische Tempel, aber auch etliche wunderschöne Jugendstil-Kapellen und romantischen Monumenten nachgeahmte Denkmäler, die den Toten allen, die seine letzte Stätte bewundern, wieder und wieder aufs Neue vorstellen. In viele Totenhäuser sind Eulen eingemeißelt – keineswegs ein Unglücks- oder Todeszeichen. Die Eule ist hierzulande nur Unheilbringerin, wenn sie dich direkt anschaut. Das Vorbeischweben einer Eule bringt Glück, auch, wenn sie sich auf deinem Haus niederlässt. Ob dieses Glück, das in den Totenhäusern durch deren Abbild exorziert wird den Lebenden oder den Toten gelten soll, ist ungewiss….



Mittwoch, 29. Oktober 2008

new friends

my name is henry
i am a freelance artist
http://www.sirhenryb.com/
traveler/walker and photographer
http://www.flickr.com/photos/sirhenryb/
i found claudia some weeks ago on the net
when i was surfing the net
for infos about the salento
for a time-out project
since then we became friends
claudia is a multi linguistic talented lady
which lives near gallipoli in the salento
she provided me with usfull infos
about her part of the world
the culture and daily live in the salento
and she has organized a apartment
for us in no time.........
so if you look for infos
about the salento
away the beaten tracks
and accommodation there
please be free to contact claudia
at claudia.salento@gmail.com
hb
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ich bin der henry von
www.sirhenryb.com
unermüdlicher reisender
und wanderer /fotograf
http://www.flickr.com/photos/sirhenryb/
claudia fand ich vor ein paar wochen
alls ich verzweifelte am suchen war
nach alternativen infos
über den salento
jrgendwo
tief in einem reisearchiv
stiess ich beim surfen auf ihren nammen
und meilte sie an........
(This was The Beginning Of A Beautiful Friendship)
in der zwischen zeit hat claudia mir zahlreiche infos
über zahreiche aspekte des salentos geliefert
und wird es auch weiterhin tun
sind hat sich liebevoll um unsere persöhnlichen wünsche gekümmert
und hat uns in kürzester zeit ein apartment organisiert
so leute wen ihr was neues sucht
weg von den ausgetrettenen pfaden
der salento hat viel zu bieten
infos
claudia.salento@gmail.com
hb




Montag, 27. Oktober 2008

salento


Salento ist der Name einer 100 km langen und 40 km breiten Halbinsel im äußersten SüdostenItaliens und wird oft auch als „Absatz“ des italienischen „Stiefels“ bezeichnet. Administrativ gehört die Halbinsel zur Region Apulien und umfasst die Provinz Lecce sowie Teile der Provinzen Tarent und Brindisi. Das Gebiet wird zuweilen auch als Terra d'Otranto bezeichnet. Ältere Namen für die Halbinsel sind Iapygia, Messapia, Calabria und Sallentina.
Die bedeutendsten Städte auf Salento sind Lecce, Brindisi und Otranto

geschichte

Aus vorgeschichtlicher Zeit sind Dolmen und Menhire als Reste der Frühen Bauernkultur erhalten. In der Antike wurde das Gebiet von den Messapiern bewohnt, einem illyrischen Volksstamm, der seine Unabhängigkeit in Kriegen gegen die griechische Siedlung Taras (Tarent) verteidigen musste. Herodot berichtet von einem Krieg um das Jahr 474 v. Chr. zwischen Taras und der Lega Peuceta (einem Bündnis aus dem Gebiet um Bari), die dabei von der Lega Messapica (aus Salento) unterstützt wurde. In diesem Konflikt konnten die Messapier nach mehreren Kriegsjahren noch die Oberhand behalten, ab ca. 280 v. Chr. erlangte jedoch die Römische Republik in ganz Untertalien die Vorherrschaft (siehe Tarentinischer Krieg). Seither ist die Geschichte Salentos nicht mehr von jener Apuliens zu unterscheiden.

kultur

Der italienische Dialekt, der auf Salento gesprochen wird, unterscheidet sich völlig von jenen Mundarten, die im Rest Apuliens gesprochen werden. Vielmehr ähnelt er mit seinen offenen Vokalen dem sizilianischen Idiom.
Daneben gibt es auch einige griechische Sprachinseln, die vermutlich durch eine mittelalterliche Migration entstanden sind (siehe auch Griko).
Auch in der Architektur unterscheidet sich Salento vom restlichen Apulien. Die traditionellen Wohnhäuser sind nach griechischer Art gebaut, d.h. sie sind weiß gekalkt und haben ein Flachdach. Die historischen Stadtzentren dagegen sind hauptsächlich im Barock-Stil erbaut, mit einigen typisch salentinischen Details wie der überbordenden Fassadenbemalung von Palazzi und Kirchen. Das beliebteste Baumaterial war die pietra leccese, ein Gestein mit einer warmen rötlich-gelben Farbe.
Im übrigen Apulien ist der typische historische Baustil im Gegensatz zu Salento vorwiegend romanisch.