Mittwoch, 2. September 2009

Willkommen im Salento

Willkommen im Salento
Liebe Italien-Freunde im Allgemeinen und Salento-Freunde, oder die's noch werden wollen, im Besonderen.
Das hier ist ein Blog, der eigentlich ein Buch sein sollte. Da ich aber bisher noch kein Angebot für eine Veröffentlichung bekommen habe, beginne ich jetzt einfach mal mit der Veröffentlichung hier im Blog.
Falls Sie der Salento interessiert, können Sie mir gerne jede Art von Fragen stellen. Ich werde mich um rasche und ausführliche Antworten bemühen.
Falls Sie den Salento auf eigene Faust erkunden wollen, helfe ich Ihnen gerne bei gut ausgesuchten Unterkünften, sehen Sie rechts auch Fotos der Appartements.
Ansonsten wünsche ich mir einfach nur, dass Sie gerne meine Posts lesen und, idealerweise mit mir darüber schmunzeln. Mein Leben als deutsche Italienerin in Italien. Geplant sind 12 Monate.
A presto
Claudia Litti

Juli. Mamma li turisti!

Juli

Die salentinischen Vormittage im Juli sehen zwei verschiedene Arten von Italienern: Die, die noch voll arbeiten müssen und zwischen acht und neun Uhr in die Büros und Fabriken fahren und die, die hier Urlaub machen. Den einen kann man ihren bevorstehenden Arbeitstag ansehen, die anderen erkennt man daran, dass sie in aller Ruhe erst mal Cornetti (Hörnchen – will heissen, die italienisch-üppige Version der französischen Croissants. Es gibt sie u.a. mit Nutella gefüllt, leeeecker, aber tödlich für die Linie und sämtliche Kleidungsstücke, die Sie beim Verzehr tragen…)für die ganze Familie holen gehen oder sogar in der Bar frühstücken. Und dann gibt’s noch die, die in der Touristenbranche arbeiten. Darunter versteht man nicht nur direktes Restaurant- oder Hotelpersonal. Vielmehr arbeiten alle Läden, die Mitte/Ende Juni geöffnet haben, mit Saisonpersonal. Die sind auch außerhalb ihres Arbeitsplatzes daran zu erkennen, dass sie den ganzen Sommer über weiß bleiben.

Der salentinische Mittag und Nachmittag ist gekennzeichnet von gleißendem Sonnenschein, Hitzespitzen über 35Grad sind keine Seltenheit. Der Salento ist, wie Sie inzwischen wissen, eine Halbinsel. Folglich geht hier immer Wind und auch sehr hohe Temperaturen sind auszuhalten. Besonders natürlich, wenn man nicht arbeiten muss….

Trotz Klimaanlagen in sämtlichen Büros und Geschäften sind die Öffnungszeiten so auseinander gezogen, dass man sich immer beeilen muss, wenn man mehr als eine Erledigung zu bewältigen hat. 9.OO Uhr bis 13.OO Uhr und 17.30 Uhr bis 21.OO Uhr in Geschäften, 19.30 Uhr in Büros. Das sind die üblichen Sommer-Öffnungszeiten. Viele Heimwerkerläden und auch viele öffentliche Ämter haben die „apertura matutina“ eingeführt, also Öffnungszeiten nur am Vormittag. Sprechzeiten von 8.00 – 13.30 Uhr und dann ist bis zum nächsten Morgen ein halber Tag frei. Auf diese Weise werden die längeren Arbeitszeiten des restlichen Jahres ausgeglichen und Herr oder Frau Beamter und das Heer an Schrauben-Verkäufern kann noch nachmittags nach der Controra (siehe Juni) schwimmen gehen. Wenigstens ein halbtägiger Urlaub ist so drin.

Der salentinische Sonnenschein im Juli unterscheidet sich von dem des salentinischen Augusts: ich habe ihn mit gleißend beschrieben und das trifft die Sache ganz genau. Es ist alles heller im Salento im Juli und selbst wenn man im Haus die Läden schließt, um die Sonne oder vielmehr die mit der Sonne einhergehende Hitze nach Draußen verbannen möchte, so durchdringt sie doch das mittägliche Schlafzimmer durch die wenigen Ritzen, lässt die Staubpartikel in der Luft stehen, so heiß sind die Strahlen. Die Juli-Sonne ist direkt gewalttätig: Sie verbrennt Sonnenanbeter, die sich nicht vor ihr in Acht nehmen, gnadenlos. Sie verzeiht keinen Tag vergessenes Blumengiessen, sie versengt die vielen grünen Wiesen im Salento und macht braune Staubwüsten aus ihnen. Sie ermattet die Armen, die hart in der Sonne arbeiten müssen. Ich wohne, wie ich Ihnen auch schon berichtet habe, mitten in der Campagna. Um mich herum nur Olivenhaine und 2-3 Ferienhäuser, die nur im salentinischen Sommer bewohnt werden. Im Juli kommen die Bauern schon um 5 Uhr morgens mit ihren knatternden Ape an und widmen sich der Arbeit im Hain. Sie pflücken Kapern, die jetzt reif sind, sie hacken die wilden Triebe an den Olivenbäumen ab und verbrennen sie, sie mähen das staubtrockene Gras, das im Wind steht und so verdorrt ist, dass es sich schon fast vom Hinsehen entzündet. Viel mehr ist in einem Olivenhain nicht zu tun. Da arbeiten sie im Juli 2 Stunden am frühen Vormittag, rücksichtslos alle um sich herum mit dem Geknatter ihrer Ape weckend. Schließlich sind WIR hier her eingedrungen. Ihn, den Bauern, den gab es schon zu Urzeiten. Also nehme ich das gelassen. (Jedenfalls fast immer…) Genauso wie die vielen ungefährlichen Schlangen, die sich vorsichtig (denn die Hunde sehen in ihnen ein willkommenes Spielzeug für ihren Jagdtrieb…) den feuchten Stellen im Garten nähern(und derer gibt es viele, ich liebe Blumen und würde, wenn’s sein muss, lieber auf einmal duschen verzichten, als nicht zu gießen…). WIR haben ihren Habitat bevölkert. Deshalb nehme ich schon mal eine vorsichtig mit der Grillschere auf und setze sie auf der Trockenstein-Mauer wieder ab.….Ganz anders geht es auf den Feldern zu, die künstlich bewässert und bestellt werden. Da beginnt die harte Arbeit um 5Uhr in der Früh und endet oft erst, wenn die Sonne so hoch steht, dass das auf und ab nicht mehr möglich ist. Jetzt gibt es Mega-Wassermelonen für einen Euro, Pfirsiche, die ersten Trauben, Zucchini, Auberginen, Paprika, Tomaten….

Apropos Tomaten:
Zwischen Mitte Juli und Mitte August ist Einmachzeit. Haben Sie sich schon mal gewundert, wie gut die selbstgemachte Tomatensosse beim Italiener in Italien schmeckt? Der Trick liegt beim Einmachen im Hochsommer! Wenn man im Juli an den salentinischen Feldern vorbeifährt, sieht man an der Strasse entweder Schilder, oder gleich ganze Kisten voll bepackt mit Tomaten. „Pomodori per la Salsa“. Mit „Salsa“ ist hier nicht der lateinamerikanische Tanz gemeint, wie Sie sich vorstellen können. Hier geht es vielmehr die nicht fertig gekochte Tomatensoße, die in Flaschen oder großen Einmachgläsern verpackt in keinem italienischen Haushalt fehlen darf. Die fertige Sosse, um genau zu sein die, die auf der Pasta "thront", heisst übrigens dann "SUGO".
Die Tomaten werden also kistenweise (kistenweise! Die Salentinerin kleckert nicht. Sie klotzt!) gekauft (nur die wenigsten pflanzen Tomaten heute noch selbst an). Dann organisiert man mit der Familie den „Salsa-Tag“: Hierbei ist es wirklich wichtig, zu mehrt zu sein. Alleine schafft man das nicht in kurzer Zeit. Aufstehen um spätestens 6 Uhr. Die Tomaten werden gewaschen, ihr grüner Ansatz entfernt. Dann werden Sie in Riesenbottichen auf einer eigens dafür gekauften Gasplatte „angekocht“. Sehr viel frischer Basilikum kommt hinzu. Mit einem Riesenkochlöffel rührt man die Tomaten, die langsam unter der Hitze (inzwischen von oben und von unten..)aufplatzen. Wenn sie relativ verkocht sind, dann beginnt das Durchdrücken. Kennen Sie das Passiersieb? Ja. Dasselbe in riesig, denn die Quantitäten sind mit normalem Küchengerät nicht zu schaffen. Bottiche, Gasplatte (zum auf den Boden stellen) und Riesenpassiermaschine, halbautomatisch oder ganz automatisch, werden meistens gemeinsam angeschafft. Großmutter, Mutter und Tochter, oder querfamiliär die Schwestern und Schwägerinnen, seltener auch die Nachbarinnen. Alle helfen mit, dann geht’s schneller, dann macht man am Montag die Salsa von Concetta, am Dienstag die von Antonella und am Mittwoch die von Assunta. Das Gerät ist nicht billig, aber geteilt durch 2 oder 3 oder noch mehr wird daraus die jährliche Salsa-Kooperative. Hunderte von Flaschen oder Gläsern werden eingemacht, keine Hausfrau macht „die Salsa“ nur für sich alleine, dazu ist der Gesamtaufwand viel zu hoch. Enza macht sie für die Mamma mit, weil die nicht mehr alleine kann, oder für ihre Tochter Giulia (auch wenn sie in Mailand lebt. Dann muss sie sie mit dem Auto nach dem Urlaub mitnehmen). Auch der Sohn Luca in Florenz oder die Schwester Maria, die in Turin leben, werden mitversorgt. Sie machen sich keine Vorstellung davon, wie viele Salsa-Flaschen Ende August beim „Grande rientro“ – also beim großen Zurückfahren über die italienischen Autobahnen gekarrt werden, gemeinsam mit Tonnen von Olivenöl, alles „produzione propria“ – Marke Eigenbau eben! I pomodori, die Tomaten, haben ihren italienischen Namen übrigens von der Übersetzung „goldener Apfel“ – pomo d’oro, weil sie anfänglich gelb sind und dann erst rot werden. Während der deutsche Wortstamm, der sich auch im Englischen hält, direkt aus dem aztekischen Wort „Tomat“ kommt.
Zurück zur Salsa, die dann als Sugo auf den Tisch kommt: Keine Tomatensoße, die man im Supermarkt kaufen kann, schmeckt vergleichbar. Frische Tomaten haben einen ganz eigenen Geschmack auf der Pasta. Der typisch säuerliche Nachgeschmack wird nicht vom künstlichen Zuckerzusatz überdeckt. Auch ist die Farbe anders, heller nämlich. Kein Farbzusatz will uns vom richtigen Rot der Pomodori überzeugen. Selbstgemachte Tomatensoße schmeckt fantastisch. Und darf in keinem italienischen Haushalt in industriellen Quantitäten fehlen. Man hat das ganze Jahr davon. Wenn die Soße die Passiermaschine durchlaufen hat, kommt sie, wie gesagt, in mehr oder weniger große Behältnisse und die Flaschen werden sterilisiert. Dafür gibt es zwei verschiedene Verfahren: Das Erste ist, die brühend heißen Flaschen in Decken und Tücher zu wickeln und so noch wenigstens 24 heiß zu halten, dann sterilisieren sie sich von selbst. Da muss man aber echte Expertin sein. Wenn sie nämlich vorher auskühlen, kann es sein, dass die ganze Partie in den Flaschen gärt…..die zweite Methode ist „Bagno Maria“ – poetisches Wort für das Wasserbad-Verfahren, in dem die Flaschen mit der Salsa drin nochmals für mehrere Stunden ausgekocht werden.

Und so werden oft Hunderte von Flaschen für den langen salentinischen Winter eingebunkert, an Familienmitglieder weitergegeben oder auch an die Norditaliener, die hier im Urlaub sind, verkauft. Das ist das neueste Business, am Tourismus zu verdienen, selbst wenn man überhaupt nichts mit dem Touristen selbst zu tun hat. Vor jedem zweiten Ferienhaus am Meer hängt ein Schild: „Vendesi Olio D’Oliva di produzione propria“ – „Vendesi Salsa fatta in casa“ – „Capperi appena raccolti“ oder dessen mehr. Will heißen: “hier gibt’s eigenes Olivenöl, Tomatensoße oder frisch gepflückte Kapern zu verkaufen”. Die Mailänder oder Turiner zahlen dafür ohne mit der Wimper zu zucken Preise, die ihnen, trotzdem sie eindeutig erhöht sind, nicht zu teuer für solch natürlichen Produkte erscheinen. Direkt vom Hersteller – in Mailand oder Turin unbezahlbar.


Der Juli im Salento wird charakterisiert von vielen Bräuchen, die dem Mitteleuropäer sehr fremd sind. Nehmen wir beispielsweise die vielen Menschen, die sich nach Ablauf der Controra (siehe Juni) mit dem Stuhl auf die Strasse vor’s Haus setzen und bis zur Abendbrotzeit ihre sozialen Kontakte pflegen, quatschen, klatschen. Wäre in Mittel- oder Nordeuropa NIE drin. Man kann unmöglich „NICHTS“ tun. Und wenn man Freizeit hat, dann liest man doch lieber ein Buch, ist es nicht so? Nun, hier liegen die Dinge noch anders. Man legt mehr Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen, man ratscht am Spätnachmittag gerne ein paar Stündchen, schaut ab und zu nach dem Essen auf dem Herd, tauscht sich aus und entflieht so der Hitze, die sich im Haus angestaut hat. Ich muss zugeben, dass ich als Mitteleuropäerin immer ein wenig verächtlich auf die Signore herabgeschaut habe, weil ich ja immer beschäftigt bin und für solche sogar regelmäßigen Müßiggänge überhaupt keine Zeit habe. Heute sehe ich das anders: SIE haben’s besser als ich, weil sie sich Zeit nehmen, ihren Tag nicht bis obenhin vollpacken und ständig gestresst und unbefriedigt sind, weil sie ihren selbst auferlegten Pflichten nicht gerecht werden können. Ich denke, liebe Leser und Leserinnen, DA liegt der wahre Unterschied zu den mediterranen Völkern und den Mittel- und Nordeuropäern. Das ist das „Savoir vivre“. Natürlich, ist man mal im Rad der Zeit, mit Arbeit, Familie und vielen anderen Arbeiten, die erledigt werden müssen, angekommen, fällt es schwer, sich einfach für ein paar Stunden auf die Strasse zu setzen und den abkühlenden Nachmittag zu genießen. Alle jungen Frauen und Männer hier im Süden werden Sie unverständlich ansehen, wenn sie ein wenig Neid äußern ob der Fähigkeit, nichts tun zu können. Der Stress hat auch den Süden erreicht. Nach getaner Arbeit huscht man mittlerweile auch hier zu den nächsten Verpflichtungen, den Klavierstunden für die Tochter, dem Zahnarzttermin für den Sohn, nicht selten wartet ein zweiter oder dritter Job, um über die Runden zu kommen. Hausfrau können nur noch die wenigsten sein. Das ist dann schon Luxus.

Favorite?
Eine weitere Eigenart des Südens heißt: „Favorite“ oder „Darf ich Ihnen etwas anbieten?“. Wo immer Sie sich befinden, am Strand umzingelt von Hunderten von Italienern, im Zugabteil, im Wartesaal am Fluggate: Wo immer ein Süditaliener sein Vesper auspackt, wird er Ihnen mit einem freundlichen „Favorite“ etwas anbieten. Es mutet dem Mitteleuropäer befremdlich an, von einem Wildfremden (das Wort gibt’s im Italienischen auch nicht…) angesprochen zu werden, der einem mit einem aufmunternden Lächeln sein voll belegtes Brötchen oder die Aluminiumschale mit einer kalten Parmiggiana hinhält. Ich glaube nicht, dass er es wirklich ernst meint, dass Sie an seinem Brötchen abbeißen sollen. Aber die Geste ist vielsagend. Kein echter Süditaliener nimmt Speis und Trank nur für sich selbst mit auf Reisen. Es ist immer ein bisschen mehr. Gastfreundschaft auf Rädern, wenn Sie so wollen. Es genügt auch nicht, dass Sie „no grazie“ sagen. Es gehört sich schon ein „gentilissimo/a, come se avesse favorito“ – „Sie sind sehr freundlich. Tun wir so, als ob ich angenommen hätte.“ Es gibt sie hier noch: die Riten, die Freundlichkeiten. Der Süditaliener ist entzückt, wenn Sie richtig antworten. Es ist natürlich auch eine Möglichkeit, anzubandeln, die eigene Neugierde zu befriedigen. „Ahhhhh, Lei parla l’Italiano, bravo/a, bravo/a. E’ qui in vacanza? Vi piace il Salento?” – Ah, Sie sprechen Italienisch, ja super. Sind Sie im Urlaub? Gefällt Ihnen der Salento? – und schon können Sie Ihre Zeitung oder Ihr Buch weglegen, denn Ihr Gegenüber hat angebissen und wird Sie nicht mehr loslassen. Schon erfahren Sie, dass ihr/sein Schwager und die Schwester in der Schweiz leben, dass die Cousine demnächst heiraten wird und dass Sie sich den schönsten Platz der Welt zum Urlaub machen ausgesucht haben. Man wird darüber lachen, dass Sie sagen, es sei aber heiss hier. „Sisi”, wird man Ihnen antworten, “fa caldo. Ma questo è il bello dell’estate.” – jaja, es ist schon heiss, aber dass ist ja das Schöne am Sommer.

Wenn Sie den italienischen Sommer zum Urlaubsmonat auserkoren haben, können Sie eintauchen in italienische Gepflogenheiten. Der Gang zum Strand wird zum Spiessrutenfahren für das Auto: Geordnete Parkplätze sind nur schwer zu finden. Jeder parkt so, wie er gerade ankommt. Die Mitteleuropäische Rücksichtnahme wird mal wieder auf eine harte Probe gestellt, denn ordentliches Parken böte Platz für ein Drittel mehr Fahrzeuge. Ma a chi importa, wen juckt das schon! Mit Sack und Pack geht’s ans Meer. Der Asphalt glüht schon um 10 Uhr morgens, der kurze Weg zum Strand wird zum Gang nach Canosa. Sie wundern sich, der Strand ist noch relativ leer. Trotzdem Hunderte von Autos an der Küstenstrasse. Wo sind die Leute bloß alle? Nehmen Sie die Zahl der Sonnenbadenden und multiplizieren Sie sie mit 2 (mindestens) und Sie haben die vielen Autos. Antonio kann länger bleiben als Rita. Silvia ist mit den Kleinen schon seit 9 Uhr da und Rosaria kam nach, nachdem sie eingekauft hatte. Als Mitteleuropäer suchen Sie sich Ihren idealen Sonnenplatz aus. Das Meer ist spiegelglatt, der Sand schon gut warm und Sie haben noch die Auswahl. Lassen Sie sich sagen, es ist völlig gleichgültig, wo Sie sich hinlegen werden. Spätestens eine Stunde später werden Sie umringt sein, umzingelt, man wird Ihnen auf die Pelle rücken. Den Italienern macht die körperliche Nähe zu Fremden nichts aus. Pech für Sie, wenn Sie damit nicht zurecht kommen. Aber alles hat schließlich seine Vor- und Nachteile: Der Nachteil ist, dass Sie Ihre ganze Kraft aufbringen müssen, um sich auf Ihr Buch konzentrieren zu können, bei dem Geschrei und Gegackere um Sie herum. Der Vorteil ist, dass Sie sofort fürsorglich behandelt werden, wenn sich ein Sonnenbrand anbahnt….Man macht Sie lachend darauf aufmerksam und bietet Ihnen einen Platz unterm Schirm an, falls Sie dessen ledig sind. Oder Sie bekommen sofort Erste Hilfe, falls Sie eine unangenehme Begegnung mit einer Qualle hatten (kommt selten vor, passiert aber meistens den Touristen). Außerdem hält man Sie und Ihre liebe Familie notfalls mit Gewalt davon ab, sich ins kühle Nass zu stürzen nachdem Sie etwas gegessen haben. Selbst der Verzehr eines Pfirsichs kann laut den Italienern schon eine „indigestione“ also eine Verdauungsstörung mit nachfolgendem Herzstillstand auslösen. Sie haben nicht lange Urlaub, also wollen Sie die Zeit so gut wie möglich nutzen und bleiben sicherlich über Mittag am Strand. Langsam, gegen 12.30Uhr leert sich der Ameisenhaufen. Zurück bleiben Sie und einige Hartgesottene jüngere Leute oder Familien, die aus dem Landesinnern auf einen Tagesausflug ans Meer gekommen sind. Alle anderen, italienische Touristen inklusive, treten den Heimweg an. Auf ebendiesem wird noch schnell was eingekauft und dann zieht man sich zum Essen in die kühle Casa zurück. Wenn Sie schließlich krebsrot und fix und fertig von der Hitze gegen 15 oder 16 Uhr den Heimweg antreten, finden Sie menschenleere Strassen. In den Bars sitzen einige bei einer kalten Granita (zerstoßenes Eis im Glas mit Zitronen- oder Minzgeschmack) und hören die lokale Radiostation. Aber sonst: Das Nichts der Controra hat sich auf den glühenden Strassen breitgemacht. Und wenn Sie es sich dann nach einem späten Mittagessen wieder mit einem guten Buch auf der leicht bewindeten, schattigen Terrasse bequem gemacht haben, beginnt das Leben auf den Strassen langsam wieder: Knatternde Motorräder und Vespas, lärmende Kinder und der obligatorische Autocorso füllen die sengende Nachmittagsluft. Man organisiert sich für den Abend. Die Sommerabende sind voller Veranstaltungen und angenehmen Abendessen mit Freunden, die man lange nicht gesehen hat und die vom Norden heimgekehrt sind, um Urlaub zu machen. Der Abend selbst beginnt spät. Selbst das Abendessen wird hier im tiefsten Süden sehr spät eingenommen. Vor einigen Jahren noch wurde man sehr erstaunt angesehen, wenn man um 20 Uhr oder gar früher schon Hunger hatte und sich in eines der vielen Lokale begab und ein Abendessen begehrte. Mitten im Sommer, bei DEN Temperaturen, kann man vor 21.30 Uhr gar nicht ans Essen denken. Inzwischen hat sich die Gastronomie auf ausländische und vom hohen italienischen Norden kommende Gäste eingestellt und bietet schon ab 19.30 Uhr, wenn die Sonne noch, wenn auch schon tief, am Himmel steht, die Abendmahlzeit an. Aber echte Italiener, die speisen sehr spät. Keinesfalls wird zu Abend gegessen, solange es noch hell ist. Das ist bei den Einheimischen ein absolutes „No-Go“. Danach wird flaniert. Die hochhakigen Schuhe werden ausgeführt, schicke Glitzerkleider funkeln hier im Abendschein. Hier passt das alles. Selbst in die Pizzeria zieht die italienische Frau sich sehr schick an. Also ich glaube, sie tut da gar nichts besonderes dazu. Es ist ihr einfach mitgegeben. Ich könnte Ihnen gar nicht genau sagen, woran das eigentlich liegt. Mitteleuropäische Frauen haben immer einen Hang zum Praktischen. Der geht den Südländerinnen ab. Dafür sehen die auch in Glitzer und Pailletten irgendwie immer gut aus.

Es ist also Abend geworden im salentinischen Hochsommer. Nach dem Abendessen gibt es hier Konzerte auf den vielen Piazze, sie sind alle gratis. Man kann guten Jazz, Klassik, die traditionelle Pizzica usw. hören. Ein Blick in die Tageszeitung oder auch den Veranstaltungsführer, der im Sommer vierzehntägig erscheint und Sie haben die Qual der Wahl. Meistens sind diese Konzerte Teil eines Dorffestes oder einer Sagra (siehe Juni). Jüngeres Publikum zieht es in die vielen Open-Air-Diskotheken oder zu Beach-Partys. Da wird das unschuldige Strandbad, dass Sie von tagsüber kennen zur nächtlichen Tanzhöhle. Diese Beach-Partys sind ebenso beliebt, wie sie eigentlich verboten sind. Die wenigsten Strandbäder sind eingerichtet auf so viel nächtliches Publikum. Aber Sie können sich vorstellen, dass ein Cuba libre oder eine Mohita oder eine Caiphirina besser im Fackelschein, bei toller Musik, im Sand tanzend schmecken ….Hier gibt es im Gegensatz zu den Diskotheken keinen Kleiderzwang, hier kommt jeder rein, das Völkchen ist bunt gemischt und tanzt happy bis in die Morgenstunden. Und wer nicht mehr Autofahren kann, legt sich in den feuchten, kühlen Sand und wartet die wärmenden Sonnenstrahlen ab. Verboten sind diese Partys vor allem deshalb, weil im Prinzip die elementarsten Vorkehrungen sowie Hygienemaßnahmen fehlen. Natürlich auch, weil die Diskotheken-Lobby dagegen ist. Schließlich machen die Strandbäder denen ordentlich Konkurrenz. Inzwischen haben die Strandbäder nachgebessert und sind ein echter, inzwischen von allen offen gehandelter Geheimtipp geworden. Und weil sie IM Strandbad vielleicht nichts mehr finden, gängelt die Polizei oft vor den nächtlichen Vergnügungsstätten. Strenge Alkoholkontrollen sind an der Tages – pardon – Nachtordnung. Trotzdem: Wenn man versucht, mitten im Sommer so gegen 4 Uhr morgens von Gallipoli auf der Küstenstrasse nach Süden zu fahren, meint man, man sei in Rom mitten in der Rush-hour. So was können Sie sich nicht vorstellen. Es hupt überall und nichts geht mehr, der volle Stau noch bevor der neue Tag anbricht. Spätestens dann weiß jeder Salentiner: Sie sind da, die Touristen. Maaaammmaaa, li turistiiiiiiii!

Jeder kleine Badeort, der an 10 Monaten im Jahr glücklich lächelnd vor sich hindämmert, mit einer Handvoll ständigen Einwohnern, einigen Einheimischen mehr ab Juni, verwandelt sich in eine Verkehrsfalle mit Hunderten und Aberhunderten von Autos und Urlaubern aus allen Teilen Italiens, die in möglichst kurzer Zeit so erholt wie möglich sein wollen. Die Mietpreise schnellen ab spätestens Mitte Juli in astronomische Höhen. Und dabei rechtfertigen weder die Behausungen selbst noch ihre Einrichtung gewisse Preise. Es ist das ganze Drumherum, dass man bezahlen muss. Das glasklare Meer, die vielen abendlichen Konzerte, Feste und Sagre, das garantiert schöne Wetter – kurz: Die Hochsaison. Und die Norditaliener zahlen, ohne mit der Wimper zu zucken. Das ist ihnen der Urlaub im Salento wert. Auch, wenn die Ferienwohnung im Halbsouterrain liegt und eher einer Garage ähnelt. Sie kann auch weiter weg vom Meer sein, die Italiener nehmen das nicht so genau. Schließlich gehen sie abends aus, was braucht man da Meeresblick – das ist so eine fixe Idee der Deutschen. Meeresblick muss sein, sonst ist das kein Urlaub. Die Italiener sind da pragmatischer. Den Meeresblick haben sie den ganzen Tag am Strand. Allerdings muss ich dazu sagen, dass die Tourismusindustrie seit 2005 einen Rückgang hatte, den natürlich keiner zugeben will. Aber man konnte sie sehen, die verrammelten Ferienwohnungen, die so teuer waren, dass sie irgendwann doch keiner mehr wollte……Die Hausbesitzer in den kleinen Badeorten konnten sich außerdem die Angewohnheit, für einen ganzen Monat vermieten zu wollen, lange nicht abgewöhnen. Aber in den letzten 10 Jahren sind die Sommerurlaube der meisten Italiener von 2 Wochen auf, wenn’s hoch kommt, 1 Woche geschrumpft. Kein Italiener mit Familie und normalen Schulden kann sich mehr leisten in der Hauptsaison. Man fragt sich, warum die Italiener dann nicht Anfang Juli oder Anfang September oder sogar Ende Juni Ferien machen…..Wissen Sie, es geht nicht. Es ist im DNA des Italieners, dass auch er aus der Stadt sein muss, wenn alle am Strand sind. Jeden Winter spricht man wieder von „vacanze intelligenti“ – und jeden Sommer ist es wieder dasselbe. Am 14. August verlassen alle schlagartig „last minute“ ihre Städte, auch wenn sie es dieses Jahr nicht vorhatten und – koste es, was es wolle - machen eine Woche Urlaub, da, wo alle anderen Italiener auch schon Urlaub machen. Der Salento hat das Jahr über ca. 810.000 Einwohner. Im zentralen Hochsaisonmonat, ca. vom 24. Juli bis 20. August, und ich übertreibe nicht, steigt diese Zahl um über 150.000. In diesen Wochen schläft der Salento nicht, er sonnt sich tagsüber, geht abends essen und shoppen und tanzt durch die heißen Sommernächte. Der Salento ist für die Italiener das, was Rimini jahrzehntelang für die Deutschen war.

Südländische Mentalität

Wenn man sich mal überlegt, wie die Süditaliener sind, wundert man sich, dass einerseits alles möglich ist im Süden, denn es genügt, wenn man um irgendetwas bittet. Andererseits scheint die bürokratische Obstruktion noch so verwurzelt zu sein, dass sich der Außenstehende fragt, wie das denn sein kann…Wenn man auf sein Recht pocht, wie man das in Deutschland machen kann, geht hier in Süditalien noch immer gar nichts. Wenn man aber „per favore“ um etwas bittet, öffnen sich einem sämtliche Türen und Tore….oh Wunder. Wunder? Nein. Damit hat das nichts zu tun. Es ist die gänzlich andere Mentalität, durch die die Räder am Laufen gehalten werden. „do ut des“ also das „ich gebe, damit du gibst“ existiert hier nicht. Vielmehr ist es das Geschenk und der Missbrauch: Alles wird „per favore“ gewährt oder abgelehnt. „Per favore“ ist im Süden nicht umsonst ein wichtiges und sehr häufiges Füllwort.

Caffe pagato
Waren Sie schon mal länger in einer italienischen Bar im Süden? Haben Sie dem Treiben zugesehen, die klappernden Kaffeetassen gehört und das summende Geräusch der Kaffeemaschine? Müssen Sie unbedingt mal machen. Das hat was! Außerdem gibt es ab und zu einen verbalen Einwurf, der Sie vielleicht aufhorchen lässt: CAFFE PAGATO!

Erst vor ein paar Wochen saß ich abends mit meiner Freundin Stefania gemütlich nach dem Abendessen beisammen und forderte sie auf, mir von ihrem Leben in Biella (bei Turin) zu erzählen. Sie ist eine aus dem Heer der Akademiker, die in den Norden müssen, um ihr Arbeitsleben, ihre Karriere dort zu beginnen. Als eingefleischte Salentinerin, als aufmerksame Beobachterin ist sie für mich wertvoll im Nord-Süd-Vergleich. Sie bemerkt so viele Kleinigkeiten, die das Leben dort vom Leben hier unterscheiden. Dazu, so Stefania, gehört „il caffe pagato“. Jeder, dem es gut geht im Leben, oder zumindest nicht schlecht, jammert trotzdem wo es geht. Aber in der Bar ist das anders. Da zahlt jeder, der es kann, ab und zu einen Kaffee für jemand anderen, einfach so. Der andere wird auch nicht immer eingeladen. Er muss nicht unbedingt präsent sein. Gut, der italienische Espresso an der Theke kostet zwischen 90cent und 1,20 € wenn’s hoch kommt. Da kann man sich schon mal 2 leisten. Man bezahlt und sagt: „un caffe pagato“ und der Barmann ruft in die Bar: „Caffe pagato!“
Wenn dann einer kommt, von dem man weiß, dass es ihm nicht gut geht, dass er viele Mäuler zu stopfen hat oder eine schwere Zeit durchmacht, dann stellt der Barmann ihm einen Kaffe hin und sagt dazu: „Questo è pagato“- der ist schon bezahlt. Hat nichts mit Beschämen-wollen zu tun – ist einfach eine nette soziale Geste. Und als solche wird sie auch gesehen. Hier in den kleinen Dörfern, wo noch jeder jeden kennt, gibt’s das noch.

Ansonsten ist es meistens der „caffe pagato“, den man dem Anwalt, dem Bürgermeister, dem Besitzer des Supermarkts an der Ecke, usw. bezahlt. Der ist dann anwesend, man springt unauffällig zum Bezahlen, nickt in Richtung der Person, der man den Kaffee spendieren will und zahlt mit. Dann sagt der Barmann ganz laut: „Avvocato, il suo caffe è pagato“ – Herr Rechtsanwalt, ihr Kaffee wurde bezahlt. Der Avvocato nickt einem zu und bedankt sich und siehe wieder vorhergehender Abschnitt bezüglich des „Per favore“ – man hat wieder was gut. Die südländische Mentalität folgt ihren eigenen Regeln. Zugegeben, immer gerecht sind sie nicht. Einer nördlichen Seele sind sie manchmal sehr unverständlich, aber so ist es nun mal, im Salento.

Santa Cristina in Gallipoli
Am 24. Juli ist übrigens Santa Cristina in Gallipoli. Eigentlich ist sie ja gar nicht eine der offiziellen drei Stadtheiligen. Nichtsdestotrotz wird sie mit einer Gigantomanie gefeiert, die ihresgleichen sucht. Die drei Tage der Santa Cristina in Gallipoli sind sicherlich ein wunderschönes Stadtfest und man muss es gesehen haben. Auch wenn Freunde aus Deutschland, die sich das dieses Jahr angetan haben (ich mach das ja schon lange nicht mehr…), berichteten, dass die Marktstände fast ausschließlich aus Polen und Chinesen bestehen….Tja – was wollen Sie? Die Globalisierung ist hier auch angekommen. Interessant an Santa Cristina ist, dass die Gallipoliner nicht schwimmen gehen. Eine Legende erzählt, dass sich die Santa Cristina jedes Jahr ein Opfer sucht und mitzieht in die Tiefe des ionischen Meeres. (bisschen fies, die Heilige, finden Sie nicht  ) Wahrscheinlich auch wieder so eine Marktstrategie, damit die Leute trotz afrikanischer Temperaturen den Markt besuchen, statt im kühlen Nass Erfrischung zu finden. Am 24. Juli gibt es eine wirklich sehenswerte Bootsprozession, bei der die Heilige von den vielen Fischern Gallipolis rund um die Insel der Altstadt gefahren wird. Konzerte auf den vielen Piazze Gallipolis charakterisieren das Fest. Ein große Feuerwerk mitten in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli beendet das jährliche dreitägige Treiben.

Zikaden und Grillen
Ok. Ich könnte jetzt den Unterschied aus Wikipedia rauskopieren, aber das wollte ich ja gar nicht erzählen, das können Sie ja selbst nachlesen. Ich wollte vielmehr vermitteln, wie Sommer im Salento klingt….

Mitte – Ende Juni beginnen Sie. Ganz allmählich einzelne, dann immer mehr. Je höher morgens die Sonne steigt, desto mehr stimmen in den ohrenbetäubenden Lärm in einem Olivenhain ein. Die Singzikaden. Schon um 8 Uhr morgens können Sie staunend stehen und es hören: Das Zikadenkonzert. Und sie singen unaufhörlich bis sie sterben. Glücklicherweise für unser Trommelfell leben Zikaden nicht länger als 4-5 Wochen. Solange ist aber jeden Morgen was geboten. Sobald es hell wird, schweigen die Grillen, die die ganze Nacht über durchgezirpt haben, und kaum Minuten danach beginnen die Zikaden. Die beiden wechseln sich ab bis kurz nach Mitte August. Dann verstummen sie beide wieder für ein Jahr. Und wir alle wissen: Auch unser Sommer neigt sich wieder dem Ende….

Lesen Sie bald: Ausgebucht. August im Salento. Wehmütiger Ferragosto.

Donnerstag, 13. August 2009

Juni - Beginn der Badesaison. Die Uhren im Salento werden umgestellt


Juni im Salento, Beginn der Badesaison. Die Uhren im Salento werden umgestellt


Ich habe ja ein ganz schlechtes Gewissen….da schreibe und schreibe und schreibe ich über den Mai im Salento und vergesse vollkommen, was ich Ihnen zu erzählen noch versprochen hatte …nämlich über die Veranstaltung „Palazzi aperti“ in Lecce. Erlauben Sie mir, das hier nachzuholen, obwohl wir schon im Juni sind.

Am 2. Maisonntag gab es schon zum 7. Mal „Palazzi aperti“ in Lecce. Sie wissen sicher, dass wir “palazzi” nicht mit “Paläste” übersetzen. Palazzi sind
Patrizierhäuser. Es gibt sie seit dem Mittelalter und sie finden ihre höchste Konzentration in der Renaissance und im Barock. Ihr Aufbau orientiert sich stark an einer römischen Domus, sie sind aber im Gegensatz zu dieser fast immer mehrgeschossig. Heute wohnen in den Palazzi in der Innenstadt von Lecce vorwiegend die alten Adelsfamilien, Anwälte und Ärzte. Hat sich also nicht viel geändert. Die Palazzi haben fast immer an der Vorderfassade mittig ein großes, zweiflügliges Tor und dahinter liegt ein Innenhof. Ich kann Ihnen sagen, diese Innenhöfe haben es in sich. Sie sind Ausdruck der Liebe der Besitzer zu ihren Gebäuden: Sorgfältig angelegte und beblumte Balustraden, Kaskaden von Hängepflanzen oder wanddeckende
Rankende erfüllen diese kleinen abgeschlossenen Paradiese mit herrlichen und betörenden Düften des Jasmin, in ihren grünen Verkleidungen finden tausende von Spatzen und in dieser Jahreszeit auch Schwalben ihre Wohnung.Herrschaftliche Aufgänge führen zu verschiedenen Wohnungen, fast immer beherbergen diese Innenhöfe auch fantastische Dachterrassen, die man von außen nicht vermuten würde. Diese sind wiederum mit hochschießenden Palmen, Oleandersträuchern und blühenden Bougainvilla, Campsis und Clematis bepflanzt.

Einmal im Jahr öffnen die Besitzer in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung ihr Allerheiligstes für die Öffentlichkeit. Natürlich dann, wenn die Innenhöfe und Innengärten am Schönsten sind. Im Mai, wie gesagt. In manche Wohnungen darf man sogar hineinspicken. Vor allem, wenn es sich um ein B&B handelte, dessen Zimmer gerade nicht belegt sind. Auch die Einrichtung stellt sich mit viel Sorgfalt und ausgesuchtem Geschmack dar. Zu Beginn des Rundgangs bekommt man eine Art Stadtplan, auf dem alle geöffneten Palazzi mit Namen und Adresse aufgezeichnet sind. Dann kann man sich diese einer nach dem anderen in Ruhe ansehen. In vielen Innenhöfen spielen zu dieser Gelegenheit Trios, oder kleinere Orchester oder es gibt Ein-Mann bzw. Ein-Frau-Performances. Die meisten dieser Palazzi sind so besonders, dass es sich lohnt, den jungen Frauen und Männern des klassischen Gymnasiums Virgilio zuzuhören, die bei kurzen Führungen mit viel Engagement von der Geschichte, den Bewohnern, den Epochen der jeweiligen Palazzi erzählen. Leider, leider wird dort Deutsch nicht gelehrt, daher nur auf Italienisch. Ich habe mir aber einiges bemerkenswerte aufgeschrieben, damit ich es Ihnen, falls Sie sich während Ihres Salento-Aufenthaltes von mir führen lassen, weitergeben kann.

Der Juni ist im Salento vor allem eines: Sommerbeginn! Beginn der Badesaison.
Die Schule endet in Italien immer nach der ersten Juniwoche. Dann ist endgültig Sommer, wenn’s rein kalendarisch auch noch einige Tage hin ist. Man sieht vor allem hier in den kleinen Orten kleine Ape (Sie wissen schon, die dreirädrigen Mini-Pick-ups) voll bepackt mit Möbeln in Richtung Meer fahren: Alles, was Wert besitzt oder während des feuchten Winters am Strandhaus muffig werden könnte, wird wieder „al mare“ gekarrt: Kühlschrank, 1 bis 2 Fernseher, Matratzen, Kissen usw usw. Fast alle ehemaligen Bauernfamilien haben hier schon seit den 70ger Jahren in Immobilie investiert. Ja klar, die Bauernschläue gibt’s auch auf der ganzen Welt. Damals konnte man die unfruchtbaren Grundstücke unmittelbar am Meer noch für ‚n Appel und ‚n Ei erwerben, da der Anbau von Gemüse sich als schwierig gestaltete: Die Tiefbrunnen für die Bewässerung sind Richtung Meer immer saliner, d.h. zu salzig und nicht mehr zur Bewässerung geeignet. Was toll wächst, ist Wein! Aber das war das Privileg der „Don“, also der Großgrundbesitzer in der damalig noch fast feudalen Gesellschaftsstruktur des Salento. Die Reben brachten den Bauern unmittelbar zu wenig Einkommen, um wirklich interessant zu sein. Das war auch die Zeit, in der die damaligen Söhne genug davon hatten, so sehr zu schuften und fast nichts dafür zu bekommen. Die Gastarbeiter, die in Mitteleuropa als harte Arbeiter galten, kannten von zuhause nichts anderes. In der Ferne genauso hart zu arbeiten hatte den Vorteil, genug zu verdienen, um sich selbst zu versorgen und so viel wie möglich an die Familie schicken zu können. Die alten Hiergebliebenen waren nicht müßig, dieses Geld gut zu investieren. Fast alle noch so bescheidenen Bauernfamilien haben sich im Laufe der Jahre sowohl ein Haus im Landesinnern, im Ort bauen können (fast alles in Eigenleistung, versteht sich), als auch in Grundbesitz investiert, beispielsweise eben direkt am Meer, was sich wenig später in den 70ger Jahren als Goldgrube herausstellte. Ohne jegliche Infrastruktur wuchsen hier die ersten Häuseragglomerate. Erst viel später haben die Gemeinden reagiert und nachgebessert. Die Acquädukt -Leitungen wurden in vielen „Marine“ sogar erst in den späten 90ger Jahren gelegt. „Marina“ bedeutet übrigens, dass der Badeort keine eigene Verwaltung besitzt, sondern von einem Ort im Landesinnern mitverwaltet wird, sozusagen als Außenbezirk. Meistens sind diese kleinen Bauerndörfer aber nicht sehr weit vom Meer entfernt.

Ich war beim Umzug….Sie können sich vorstellen, dass der Winter hier in den „Marine“ seinen eigenen Reiz hat: Außer wenigen Familien sind die Orte menschenleer. Häuserwüsten, zwischen denen ausgesetzte Hunde die Wintersonne mitten auf der Strasse ungestört genießen können. Es gibt nur einen Tante-Emma-Laden auf der kleinen Piazza, der ganzjährig geöffnet hat und wenn am Nachmittag die Handwerker, die zu Ausbesserungsarbeiten oder Neubauten bestellt wurden, abziehen, kann man ungestört durch die Strassen und Wege streifen…Allerdings: ohne Auto ist man hier absolut aufgeschmissen!

Na, die Einsamkeit der Marine hat im Juni erst mal ein Ende. Immer mehr Fensterläden öffnen sich, Türen und Fenster werden aufgerissen, es wird geputzt, eingeräumt und man lässt sich häuslich nieder. Ende Juni öffnen auch der Supermarkt, der Tabakladen und die Kioske. Man fragt mich aus dem Ausland immer wieder verärgert, warum denn zur Vorsaison nichts geöffnet habe, das sei doch fremdenverkehrsfeindlich! Recht haben Sie. Allerdings muss man sehen, warum: Die salentinischen Marine-Badeorte sind ursprünglich nicht auf den Fremdenverkehr ausgerichtet gewesen. Kein Mensch hätte damals vermutet, dass es den Touristen dort gefallen könnte, wo die Jungen die Flucht in Richtung Norden ergreifen. Das Meer an sich wurde als Erfrischung, nicht unbedingt als landschaftliches Kleinod angesehen. Es waren Zweithäuser, die für 3 Monate den Hiesigen dienten. Nach und nach hat man in den 80ger und 90ger Jahren gemerkt, dass man vielleicht das Untergeschoss oder nebenan ausbauen könnte, um zu vermieten. Aber Sie wissen, die Italiener machen im Juli manchmal und im August sicher Urlaub. Die Strukturen ließen es einfach nicht zu, anders zu wirtschaften. Das hat aber auch seinen Reiz, glauben Sie mir. Dort, wo Italien am italienischsten ist, da kann man nicht von Vorsaison sprechen! Die gibt’s schlicht nicht! Natürlich wünschen sich die Kreisverwaltung und auch die Gemeinden gemeinsam mit den Einzelhändlern, dass sich dies ändert. Das nennen sie neuerdings: De-stagionizzazione (also Ent-Saisonierung). Aber es lohnt sich für die wenigen ausländischen Gäste nicht, alle Geschäfte schon im April zu öffnen, wenn das Gros der Italiener noch voll im „Wintertrott“ ist und nicht im Traum ans Umziehen ins Sommerhaus denkt. Ich bitte Sie aber, zu bedenken, dass dies nur für die kleinen „Marine“ gilt, keinesfalls für eigenständige Küstenstädte! Und selbst in diesen kleinen „Marine“ hat die Vorsaison ihren Reiz. Sie sind fast alleine, aber zum italienisch-liebenswerten Chaos ins nächste Dorf oder in die nächste Kleinstadt sind’s meist nur knapp 7km!!!

Das überschäumende Chaos des Vormittags und des Abend zieht sich hinter den langen Vorhang des Nichtstuns und der Ruhe zurück…..“La Controra del sud“ Die Gegenstunde des Südens


Es handelt sich um pures Nichtstun. Wenn Sie wirklich ein Gegenstück zur Hektik des Lebens finden wollen – Sie finden es in den sonnig-heißen, nicht enden wollenden Nachmittagsstunden des Südens, in denen man bleich und halb betäubt an einer glühenden Gartenmauer gelehnt oder auf den Bänken im Schatten des Stadtparks sitzen kann, die eine Art Wartesaal zum „Camposanto“, zum Friedhof bedeuten…Die Alten, die nicht mehr zur Bank des Stadtparks kommen, um die letzten Sonnenstrahlen ihres Lebens zu genießen sind schon jenseits des Eisentores, dessen Eingang den Namen des Vergessens bedeutet. Die „Controra“, also die Gegenstunde, ist die Herrlichkeit des Südens, aber vielleicht auch sein schlimmstes Laster. Das Leben bleibt mitten am Tag plötzlich für 3-4 Stunden einfach stehen. Das überschäumende Chaos des Vormittags und des Abends, der stete Lärm, beredetes Hupen, unermüdliches Sprechen, theatralisches Schreien und Gestikulieren zieht sich hinter den langen Vorhang des Nichtstuns und der Ruhe zurück.In diesen Stunden findet man es: Das strahlende Nichts, das goldene Sich-der-Hitze-ergeben, die Verdauung abwarten; das ist sie, die antike Flaute des Südens. Selbst die eigenen Bewegungen werden phlegmatischer.

Sogar Chirac hatte seinerzeit ein Vorwort zu „Elegie an die Siesta“ von Bruno Comby geschrieben. Die Siesta ist die spanische Variante der „Controra“, die in Mexiko sogar noch weiter getrieben wird. Nicht umsonst „spanisiert“ der Süden Italiens stark. Die südlichen Mittelmeerländer ähneln sich sehr in ihren Tageszeiten, den späten Abendessen, für mitteleuropäische Begriffe schon fast „Nachtessen“, dem übermäßigen Verzehr von Brot bei Tisch, der Öffnungszeiten der Geschäfte, die spät öffnen und schließen. Weil die Macht der „Controra“ größer ist als jede gewerkschaftliche Bestimmung: Die Geschäfte öffnen hier abends wieder, wenn sie in Mitteleuropa schon zusammenpacken, um bald zu schließen. Wie viel Leben zerrinnt in der Controra…, wie viele Stunden verschwendet, um ein bisschen regenerierenden Schatten, einen kühlenden Windhauch zu finden, eine endlose Granita zu trinken, oder ein Bett, um darin in tiefen, traumlosen, heißen Schlaf zu fallen oder verschwitzten, sündhaften Sex zu haben. Die Erinnerung meines Mannes der 70iger und 80ger Jahre sieht unendlich viele sonnige, glühende Nachmittage, die Dorfjugend auf den Stufen der Kirche oder unter einem Baum im Schatten faulenzend, nichts tunend, Musik hörend und in der Hitze lungernd. Hier war die Elegie der Langsamkeit nicht Literatur, sondern tägliche Wirklichkeit – besser: nachmittägliche Wirklichkeit.

Während der „Controra“ kann man nicht brüsk, schnell oder unternehmungslustig sein, das wäre öffentliche Ruhestörung, oder öffentliche Flaute-Störung: Man kann niemanden anrufen, bei niemandem vorbeisehen, den man nicht vorher avisiert hat, weil es gar so wichtig ist, das wäre Profanierung der Ruhe. Die aktivsten findet man dabei, ihr Auto nach Dellen oder Schmutz abzusuchen, oder man findet sie in der „Campagna“ des Vaters oder Großvaters, unter den Obstbäumen nach reifen Früchten suchend, die sie vorsichtig abtasten, um ihren Reifegrad bestimmen zu können, also keine wirklich produktiven Aktivitäten in den Nachmittagsstunden, höchstens ornamentale, ästhetische Beschäftigungen. Während der Nachmittagsstunden holt man den erhitzten Nachtschlaf nach, der so kurz war aufgrund endloser Abendessen, die bis in die „ore piccole“ – die kleinen Stunden (also die nach Mitternacht (klein – eins, zwei…) dauerten, man kümmert sich um seine schwierige Verdauung, weil die Wassermelonen, die man nach dem Mittagessen verspeist hat, noch im Magen schwimmen und Mattheit verursachen. „Die „controra“ war noch vor ein paar Jahrzehnten die Revanche des Südens über den Calvinismus“, wie der aus Bisceglie, Provinz Bitonto, Apulien stammende Journalist und Buchautor Marcello Veneziani vor einigen Jahren schrieb: „Sogar die Unternehmer aus dem Norden erkennen die Notwendigkeit, im heissen Sommer des Südens eine regenerative Pause einzulegen, um mehr leisten zu können." Auch der ehemalige ENEL-Manager (staatliche Stromgesellschaft) Franco Tatò erinnert in seinem Buch „La Puglia non è la California“ (Apulien ist nicht Kalifornien) daran, dass er die nachmittäglichen Stunden im heimischen Barletta darauf verwendet hat, sich dem Müßiggang hinzugeben oder mit einer Sondererlaubnis die verwaisten Bibliotheken aufzusuchen: „Die wahre Wasserscheide zwischen dem italienischen Süden, der den Süden verlässt und demjenigen, der im Süden bleibt verläuft auf dem Grat der Controra. Dort verläuft die Grenzlinie zwischen denjenigen, die diese Stunden genutzt haben, um zu lernen, um zu tun, um Wissen anzuhäufen, und denen, die der südlichen Natur und Tradition gemäß die Zeit vergeudet haben und den Regeln der Controra gefolgt sind. Der Süden teilt sich in Kinder der Stunde und Kinder der Gegenstunde, oder besser Kinder der eigenen Zeit und Kinder der Zeit des eigenen Ortes, nec-otium et otium. Aber für alle gemeinsam ist der Name des Südens – „Sud“ auf Italienisch. Das kommt von „sudare“ – schwitzen: entweder wegen der verrichteten Arbeit oder wegen der Hitze, der Schweiß ist die primitive Spur des Südens, die den Klimaanlagen und der Globalisierung entwischt ist….Denn genaugenommen ist der beißende Achselgeruch und die intensiven Gerüche des Nachmittags allen Süden der Welt gemein.“

Natürlich vergeht die Zeit im Süden genau wie anderswo….die Dinge ändern sich auch hier genau wie an anderen Orten der Welt. Auch der Süden passt sich an. Aber in der Ruhe der Controra taucht die alte Seele des Südens wieder auf. Man findet saubere Häuser und schmutzige Strassen, beide Gegensätze nur von einem Vorhang vor der Eingangstür geteilt, der sich im Wind bläht. Vor Anbruch der Controra verlassen die Gelegenheits-Badenden den Strand, um nach Hause zu gehen, während die Karawanen von 2 bis 92jährigen, die aus dem Landesinneren zum Ausflug ans Meer gekommen sind, am Strand zurück bleiben: Großfamilien in mehreren Autos, was es heute auch nicht mehr oder fast nicht mehr gibt: Vier Generationen, die sich die Lasagna-Ofenform teilen und bei deren Abzug am Abend Tomatenschalen und abgelutschte Melonenscheiben, Abfalltüten und verstreute Dosen zurückbleiben….weil man im Süden auch noch Obst nach dem Essen geniesst, was wiederum unter vielen Lastern eine Tugend des Südens ist, die noch nicht verlorengegangen ist.

Das Meer ist für die Leute aus dem Süden gratis, Eintritt zu Strandbädern oder Parkplatzgebühren zu bezahlen ist wider die Natur. Am Meer sitzt die Nonna (Oma) auf einem Stuhl, die Enkel drücken sich auf den Steinen zusammen, die Mädchen und jungen Frauen liegen auf einem Handtuch in der Sonne und die Mammas stehen und verteilen Ohrfeigen-Rationen oder schleudern ihren Kindern , die ins Wasser wollen, obwohl sie vor Kurzem gegessen haben, Schimpftiraden entgegen. „Non si fa il bagno nella controra“ (während der Controra geht man nicht ins Wasser) orakelt die Nonna, deren düstere Warnung immer öfter in den Wind geschlagen wird…

Großfamilien werden aber auch immer weniger, Kinder bekommen ist teuer, fast nicht mehr finanzierbar, denn Arbeit bekommt das „junge“ Paar, wenn’s gut geht, mit Mitte Dreißig. Und dann fast immer nur Zeitverträge. Die Mütter müssen zuarbeiten, das Einkommen des Familienvaters reicht nicht mehr für 2 oder 3 Autos in der Familie (nicht UNBEDINGT ein Luxus, oft Notwendigkeit, mangels eines funktionierenden öffentlichen Verkehrsnetzes in der Provinz), unzählige Handys, Modell letzter Schrei (Luxus nur für Mitteleuropäer. Für Italiener ein unabdingbares Statussymbol), Flachbildschirm-Fernsehern und was sonst noch so alles zum modernen Leben gehört, nicht zuletzt teure Ausbildungen der Kinder. Die ist hier nämlich nicht ganz so kostenlos, wie es zunächst aussieht: Schulbücher müssen bezahlt werden, wenn es auch einen florierenden Gebrauchtmarkt gibt und private oder öffentliche Transportmittel kosten auch Geld, und dann sind die Kinder noch nicht auf der Uni….eines von 2 Kindern absolviert recht oder schlecht die höhere Schule und geht studieren, auch wenn es später nicht unbedingt in derselben Branche arbeitet. Aber für die staatlichen Concorsi (eine Art schriftlicher Wettbewerb um Arbeitsplätze beim Staat, die natürlich umso beliebter sind, desto weniger private Industrie existiert) braucht man eine höhere Schulbildung, wenn nicht sogar Hochschulbildung.

Im Gegensatz zur mitteleuropäischen, restlichen Welt, in der die Mütter permanent auf Diät sind, während ihre Kinder bereits an ernährungsbedingter Fettleibigkeit leiden, passiert im Süden das Gegenteil: Man kann noch Mamme (Plural von Mamma, denn eine kommt selten allein) finden, die schon verformt sind, noch bevor sie vierzig werden und deren Kinder dafür dünn wie Bohnenstangen sind, trotz mediterraner Ernährung. Diese Frauen werden „FaCaldo“ genannt (es ist heiss), weil sie unter der Hitze leiden und Hitze ausstrahlen. Und in diesen vom Aussterben mehr als bedrohten Menschengruppen findet man noch eine Figur, die im Norden Italiens und Mittel- und Nordeuropa schon fast verschwunden ist: Den Cousin. Hier gibt’s Cousins und Cousinen noch und man lebt intensiv miteinander. Wie ich im Mai schon erzählt hatte, ist des Südens krisensichere und fast alleinige Industrie die der Hochzeiten, Erstkommunionen, Firmungen, Taufen. Diese Feste festigen die Familienbande: Die Tausende, die aus den Gästen und den Gastgebern und Gefeierten gequetscht werden liegen eigentlich außerhalb ihrer Möglichkeiten. Wenn man im Süden weniger in den Urlaub fährt, dann liegt das nicht nur an mangelnden finanziellen Ressourcen, oder an Trägheit, sondern auch daran, dass vor allem im Sommer immer eine Feier ansteht, an der man teilnehmen sollte. Während diesen nicht endenden Fressgelagen ist selbst die Controra für einen Tag ausgesetzt.

Wenn Sie nun meinen, dieser Süden würde genauso noch bestehen, muss ich Sie enttäuschen. Er verschwindet in der oben beschriebenen Weise von Jahr zu Jahr mehr. Treffen werden um 3 Uhr nachmittags angesetzt, Kurse beginnen um 4 Uhr, fast alle Geschäfte sind inzwischen klimatisiert. Das bedeutet, man kann den Angestellten zumuten, in der größten Hitze des Nachmittags hinter dem Tresen oder sonst wo zu arbeiten. Meine Kosmetikerin arbeitet auch an 4 von 6 Tagen in der Woche über die Mittagszeit durch. Nur im Juni, wenn zum ersten Mal im Jahr 35 Grad erreicht werden und man noch nicht wie im Juli oder August daran gewöhnt ist, da gibt es sie noch, die Controra…Trägheit, die mitreißt. Das ist schon ein Oximoron, wenn Sie aber im Juni den Salento besuchen, dann können Sie noch müßig gehen, dann können Sie die Ruhe zwischen vormittäglichem Chaos und abendlicher Geschäftigkeit noch spüren…es gibt sie noch, die Controra. Grazie al Cielo – dem Himmel sei Dank.

San Pietro e Paolo in Galatina. Tarantate auf der Bühne


Unter vielen kleinen und größeren Festen im Monat Juni im Salento bedarf eines der näheren Betrachtung, denn wenn der Sommer längst begonnen hat und schwer zusetzt, begeht der Salento das Fest der Heiligen Apostel Peter und Paul. Viele Kirchen im Salento sind dem einen, dem anderen oder auch beiden Aposteln gewidmet. Das saleninischste Fest von allen aber findet in Galatina statt, einer Stadt mit 28.000 Einwohnern. Sie liegt ziemlich genau im Herzen des Salento zwischen der Adria und dem ionischen Meer. Auch Galatinas Stadtpatrone sind die Apostel Peter und Paul. Ihr Fest findet am 28., 29. und 30. Juni statt. Beide haben sichtbare Zeichen ihrer Präsenz in der Stadt hinterlassen. Der heilige Paulus war Gast eines Bürgers von Galatina und hinterließ ihm und seinen Nachkommen aus Dankbarkeit für die erwiesene Gastfreundschaft angeblich die Gabe, alle Personen, die vom Tarantel-Biss befallen waren und die sich an sie wandten, zu heilen.
Es scheint für die Salentiner erwiesen und sie sind felsenfest davon überzeugt, dass auch der heilige Petrus wirklich hier war. Er machte hier wohl 42 nach Christus auf der Rückkehr seiner Reise von Antiochia Halt. Um ihn zu ehren wurde die Mutterkirche in Galatina ihm gewidmet. In den vergangenen Jahrhunderten gab es sogar eine Zeit, in der Galatina sich selbst umbenannt hat in San Pietro in Galatina. In der Mutterkirche liegt sogar noch der Stein, auf dem der müde Heilige sich zur Ruhe bettete. Warum ausgerechnet ein Stein und nicht Stroh, ist leicht zu erklären: Das hätte nicht als Erinnerung herhalten können…(wieder mal so eine Thomas-Bemerkung von mir, ich weiss…).


Hingegen die Paulus-Kappelle in Galatina gehört zum Palazzo Tondi-Vignola. Sie ist seit Jahrhunderten berühmt für ihre Verbindung zum ältesten Phänomen, das in der „Terra d’Otranto“, frühere Bezeichnung des Gebiets des heutigen Salento, ansässig ist, nämlich des Phänomens des Tarantismus:
Dieser basiert auf altem Volksglauben, nach dem der Biss der Tarantel (einer eigentlich fast ungiftigen Spinnenart) eine Art Besessenheit auslöste, die vor allem die Frauen in früheren Zeiten befiel. Mit herkömmlichen medizinischen Kenntnissen war diese „Krankheit“ auch nicht zu heilen. Die Tarantel „schlug“ vor allem während der Erntezeit des Getreides im Frühsommer „zu“. Die von der Tarantel gebissenen, „le tarantate“ kamen aus vielen Dörfern des Salento. Sie gelangten anlässlich des Patronatsfestes Ende Juni in die Kapelle, waren alle weiß (rein, jungfräulich) gekleidet und erbaten vom Heiligen Paulus, Schutzpatron der Tarantolati, Hilfe und Erlösung, nachdem sie auf Karren von ihren Familien,die zu dieser Gelegenheit die Heilmusikanten anheuerten, nach Galatina verbracht wurden. Alle gemeinsam fuhren zu Tagesanbruch des 28. Juni in die Kappelle des Heiligen Paulus. Eine interessante Ausnahme bei den Konsequenzen des Tarantel-Bisses bildete der Gemeinde- oder Feudalgrund Galatinas. Die Einwohner und Einwohnerinnen waren immun, so die lokale Legende.

Wie gesagt kannte der Tarantelbiss keine medizinisch fundierte Heilung. In der Tat hatte es die Wissenschaft von jeher schwer, das Phänomen zu erklären (und ein solches ist es geblieben, selbst wenn zahlreiche Wissenschaftler in den letzten Jahrzehnten sich diesem Phänomen widmeten und Theorien zu dessen Erklärung aufstellten – es blieben halt nur Theorien). Auch seitens der Botanik kam keine Hilfe. Sämtliche lokal vorkommende Insekten und Spinnentiere wurden auf ihre Gifte untersucht. Keines konnte solch seltsame, anhaltende Besessenheit auslösen. Das einzige „Antidotum venenum“ war die frenetische Musik, der seinerseits obsessive Rhythmus , der die „Tarantate“ zum Tanzen brachte. Nur dank dieses musikalisch-coreutischen Exorzismus befreiten sich die Betroffenen schliesslich von den Konsequenzen des „Bisses der Tarantel“.

Neben dem herkömmlichen Festprogramm, das sich nicht von den zahlreichen unterscheidet, die im Salento stattfinden, gibt es in Galatina jährlich auch eine Demonstration der „Tarantate“. Heute gibt es keine „echten“ Besessenen mehr – falls es je welche gab… Meines Kollegen Sergio Pedio und seinem Buch zufolge „quannu a muru a taranta pizzicava e caruse“ – auf Hochitalienisch: „Quando a Muro (Muro Leccese, kleiner Ort bei Maglie, Prov. Lecce, Anm. die Übersetzerin) la taranta pizzicava le belle ragazze” – oder zu Deutsch: “Als in Muro die hübschen Mädchen von der Tarantel gestochen wurden“, gab es überhaupt keinen wirklichen Biss. Davon will ich aber nicht mehr verraten. Das Buch wurde bereits von mir übersetzt und geht hoffentlich im kommenden Winter in Druck. Nur so viel: Hochinteressant und für jeden Salento-Fan ein Muss!

Aber die Demonstrationen und Vorführungen sind wirklich sehenswert! Extase und Exorzismus pur, begleitet mit virtuoser Musik der Pizzica und viel Show!

Inzwischen ist es Juli geworden im Salento….lesen Sie bald: Mamma, li turisti!!!! Touristeninvasion im Salento – wo die Italiener Urlaub machen.

Sonntag, 9. August 2009

Miniappartement im Salento




Hallo liebe Salento-Freunde

unser Mini-Appartement ist fertig!!! Verfügbar für Kurzentschlossene ab 19.09. ... oder schon mal vorbestellen für nächstes Jahr!!!

Mitten im Grünen, abgeschlossenes Grundstück, 5 Gehminuten zur Felsenküste und 1,5km zum Sandstrand Lido Pizzo mit Blick auf die Bucht von Gallipoli, 8km südlich von Gallipoli, in den Ort hinein ist es 1km zum Emmaladen am Marktplatz, ganzjährig geöffnet hat das Rialto (Caffè mit tollen selbstgemachen Hörnchen morgens und Pizzeria abends) und die Pizzeria Hollywood. Von Ende Juni bis Mitte September haben auch alle anderen Geschäfte am Ort geöffnet, wie Supermarkt und Zeitungsladen, Badebedarf und andere Restaurants usw.

Weitere Info claudialitti@tiscali.it

Amici del Salento,
è pronto il nostro Mini-Appartamento vicino al Pizzo, Mancaversa! E' ancora disponibilie per viaggiatori last-minute dal 19Settembre 09 oppure prenotate per il prossimo anno! Prezzo molto conveniente, ideale per 2 Persone. Grande terreno immerso nel verde, recintato, 5min a piedi dalla costa rocciosa e 1,5km dal Lido Pizzo che ha una vista mozzafiato sulla baia di Gallipoli. 1km verso il paese Mancaversa.
Più info: claudialitti@tiscali.it

Donnerstag, 23. Juli 2009

WoMo-Freunde priv. Stellplatz ganzjährig bei Claudia

Wohnmobil priv.Stellplatz ganzjährig bei Claudia
Hallo liebe Wohnmobil-Freunde,

es ist endlich soweit, wir haben unser Grundstück am Meer soweit in Schuss, dass wir es als ganz privaten Stellplatz ganzjährig unseren WoMo-Freunden anbieten können.

Gegen Gebühr bieten wir: Frischwasser, Dusche, Entleeren.
Vor allem aber ist das Grundstück abgeschlossen, ideal für Familien mit kleinen Kindern oder auch für WoMo-Freunde, die einen Hund an Bord haben: Kann man alles springen lassen und beruhigt in der Hängematte liegen. Zum Meer (Felsenküste) sind's nur 5 Gehminuten. Sandstrand per Fahrrad in 15 Min (Richtung Gallipoli) zu erreichen. Fahrräder können wir auch 2 zur Verfügung stellen.

Wir dachten an eine Übernachtungsgebühr von Euro 10,--. Bei längerem Aufenthalt (+ 5Tage) nur noch 8 Euro pro Nacht.

Hier die Koordinaten von meinen Freunden Jürgen und Ingrid, die hier waren und im Winter auch wieder kommen werden!
East 18° 0min 12sec, Nord 39° 58min 52sec

Interessiert? Dann wenden Sie sich an claudialitti@tiscali.it

Claudia

Mai im Salento, Sprung nach Draussen

Wie wär’s mit einem kühlen Bad?
Mai im Salento


Wenn der April sich dem Ende neigt, können wir ruhig behaupten, dass der Salento endgültig aus dem Winterschlaf erwacht ist. Plötzlich feiern wir täglich Heilige, Stadtpatrone und Frühlingsfeste. Der Marienmonat wird natürlich auch hier nachhaltig gepflegt, an allen Ecken sieht man Rosenkränze und es gibt in jeder noch so kleinen Kapelle Marienandachten.

Der Mai ist meines Erachtens mit der schönste Monat im Jahr. Es ist definitiv warm, an manchen Tagen sogar mehr als warm, die ersten, glücklicherweise kurzen Hitzeperioden legen sich auf das Land. Und wenn man im April nur vereinzelt und hinter Felsen und sehr geschützt vor den kalten Winden hie und da mal einen Bikini am Strand liegen sah, jetzt wird es schon ein Massenphänomen – na ja, ich will’s nicht übertreiben – sagen wir, ein häufiger gesehenes Phänomen. Als der Salento noch von Fischfang und Landwirtschaft lebte, musste man lange suchen, wenn man um diese Jahreszeit einen Müßiggänger finden wollte, der seine knapp bemessene Freizeit am Meer verbrachte. Heute ist das alles anders. Die lokalen Latin-Lovers bereiten ihren fitness-gestählten Körper auf die anstrengenden Sommernächte vor, man sieht sie in den wärmsten Mittagsstunden am Strand liegen. Aber nicht nur sie: Bürohengste und –Stuten (frau verzeihe mir das wenig ehrerbietige Wortspiel) entledigen sich der lästigen Konventionskleidung und sonnen sich diskret hinter einer Sanddüne, auch schon mal in Unterwäsche. Immer öfter eine nette Art, die Mittagspause zu verbringen. Ein weiteres, neueres Phänomen sind die Stadtrentner, die jetzt den noch sehr wenig gepflegten Strand (ich geb’s zu, ein Euphemismus….) erobern und gegen Mitte des Monats schon aussehen, als hätten sie die letzten Jahre permanent unter der Höhensonne geschlafen. Ich sage betont: Stadtrentner, denn selbiges darf man von den Dorfrentnern nicht verlangen. Die haben immer zu tun, die sind ständig am Arbeiten in der Campagna, also auf dem Feld, denn da ist jetzt Hochbetrieb. Aber bleiben wir noch einen Moment am Strand: Jetzt ist der Moment, wo auch der nicht Hiesige wirklich rundum alles im Salento genießen kann. Meer, Sonne UND Kultur, Kunst, Folklore. Wenn man dieser Tage längere Zeit am Strand verbringt, sieht man einen schönen Querschnitt aller derjenigen, die den Salento ausmachen. Schüler und Schülerinnen, die den letzten Schulmonat zu anstrengend finden und ab und zu bei besonders schönem Wetter mal schwänzen (nicht umsonst lautet das italienische Wort für „schwänzen“ – „marinare“ – merken Sie was?) und stattdessen lieber an den Strand gehen (wer kann’s ihnen verdenken?), junge Mütter mit ihren Sprösslingen, die die Leere der vorsommerlichen Strände nutzen, um die Bambini ungestört spielen zu lassen, Hundebesitzer, die sich dessen bewusst sind, dass sie den Freilauf im Hochsommer nicht zulassen können und deren Hunde ebendiesen besonders schätzen, die älteren Signore, die fast wie Bademeisterinnen auf ihren Stühlen thronen und über den Strand blicken und Rezepte und den neuesten Klatsch austauschen, ältere Herren, die kürzlich Gefallen gefunden haben am Rentnerdasein und, last not least, Sportbegeisterte aller Altersgruppen. Die treiben jetzt verschärftes Lauftraining am Strand, wo laufen doppelt anstrengend ist. Ein fröhliches Sammelsurium an Salentinern, die die Wärme und die Vorfreude auf den Sommer genießen.

Auch wer ein Marktgänger ist, wird merken, dass sich das Angebot der steigenden Nachfrage nach Strandbadetüchern, Bikinis, Badelatschen, Sonnenschirmen, Balkonausstattung, Liegestühlen, hauchdünnen Strandkleidern usw. anpasst.

Jetzt wird’s schnell Sommer. Abgesehen von einigen kurzen meteorologischen Rückschritten geht es im Marschschritt auf die heiße Jahreszeit zu. Die Natur hat Mühe, hinterher zu kommen. Was im April noch zaghaft spross und blühte, explodiert nun mit Lichtgeschwindigkeit. Denn wo sich die Natur im Norden beeilen muss, weil der Sommer kurz ist, muss sie im Süden genauso hinne machen, weil die gnadenlose, sengende Hitze nah sein kann. Und dann sollte man möglichst schon geblüht haben, zumindest zum ersten Mal. Denn wenn man bedenkt, dass Blumen und Pflanzen auch hier gerne ein geschütztes Eckchen zum Aufgehen haben möchten, dass aber gerade dieses geschützte Eckchen Monate später zum Backofen wird, weiß man um das Dilemma der Hobbygärtner, welches Plätzchen für das geliebte Pflänzchen das richtige sein mag.

Noch im April wurde das Gemüse durch Gewächshäuser geschützt, nun werden schon Schattenspender angebracht, damit die Pflanzen nicht elendig dahinwelken.

Während man sich also am Strand langsam und körperteilweise ins noch sehr kühle Nass wagt (das kommt natürlich auf den jeweiligen Abhärtungsgrad an…meine Mutter behauptet immer, da sei ich ein italianisiertes Weichei und das Wasser wäre doch just nun genau richtig…), ist auf den Feldern bereits Hochsaison. Jetzt kann man beim Gemüsehändler plötzlich wirklich alles bekommen, was das Herz begehrt: Zucchine (sehen Sie bitte zur Aussprachhilfe bitte ins November-Kapitel), Auberginen, Paprika, Gurken (sind hier kurz und dick, wieder so ein anarchisches Verhalten, den EU-Normen zum Trotz eben), schon die ersten Honigmelonen, Kirschen gemeinsam mit den langsam ausklingenden Erdbeeren, Spargel, usw. Vor allem aber ist jetzt Kartoffelernte. Ja, sie haben richtig gelesen: Die besten Kartoffeln kommen aus dem Salento, vorwiegend aus den westlichen Dörfern, die dem ionischen Meer zugewandt sind. Hier wird die Siglinde und Nicola angebaut, die besten Salatkartoffeln überhaupt. Aber auch die Sorten, die sich gut für Pommes Frites und Chips eignen werden hier produziert. Und man sieht gegen Mitte des Vormittags Traktoren mit Anhänger voll beladen mit Riesenkisten Richtung Dorf fahren. Dort warten schon die 32 Tonnen Lkws aus Deutschland, Holland und Belgien, um die Ware so schnell wie möglich gen Norden zu schaffen. Es ist richtig was los im Monat Mai in einem salentinischen Dorf!

Der Wonnemonat Mai ist natürlich auch zum Heiraten da. Gerade hier im Salento bevorzugt man aber seit ca. 30-40 Jahren die heissen Sommermonate. Nicht, weil das Brautkleid günstiger ist, weil weniger dran ist, mitnichten. Dass im Hochsommer vermehrt geheiratet wird, liegt daran, dass man so alle fern lebenden Verwandten mit dabei haben kann. Extra mal so für ein Hochzeitswochenende aus dem Norden anzufahren oder gar aus Belgien, der Schweiz, Frankreich und nicht zuletzt Deutschland ist aus offensichtlichen Gründen nicht möglich. Daher wartet das Brautpaar, bis die meisten Verwandten sowieso in die heimatlichen Dörfer zurückkommen, um die Urlaubswochen dort mit Kind und Kegel zu verbringen. Dann kann man sicher sein, dass man zwischen 80 und 90% der Verwandten, die man gerne dabei haben möchte (oder muss, je nach dem, wer die Hochzeit ausrichtet…) „erwischt“ zu haben. Aus diesem Grunde werden die Hochzeitstermine auch mit den wichtigsten Verwandten lange vorher abgesprochen. Die Urlaubsplanung in den mitteleuropäischen Unternehmen hängt nicht zuletzt auch mit dem Hochzeitswunsch vieler italienischer Paare zusammen.

In den letzten 20 Jahren leben und arbeiten die Brautpaare immer häufiger im Norden oder sogar im Ausland und kommen heim, um zu heiraten. Oft haben sie sich am Arbeitsplatz weit weg kennengelernt und keinesfalls sind sie immer aus derselben Gegend. Dann wird’s noch teurer, denn man muss ein Bankett im Geburtsort des Bräutigams UND eins im Geburtsort der Braut ausrichten, dass gehört sich noch heute so. Geheiratet (immer häufiger auch nur standesamtlich, wenn’s der zweite Anlauf ist, oder – auch immer häufiger bei Paaren jenseits der 30, weil die Kirche einfach nicht mehr als zeitgemäß empfunden wird) wird im Geburtsort der Braut. Das ist Tradition.

Apropos Hochzeitsbankett: Die letzte Hochzeit, an der ich teilgenommen habe, war eine mit nur 150 Geladenen. Also vergessen Sie die horrenden Zahlen der geladenen Gäste, 200, 300, gar 400 Personen kann sich heute nur noch ein Großindustrieller oder Onorevole („Ehrenwerter“ – zu gut Deutsch: Mitglied der einen oder anderen italienischen parlamentarischen Kammer) leisten. Das sind bekanntlich die bestbezahlten Politiker Europas. Die modernen Akademiker-Brautpaare oder mindestens gut gebildeten, die auch ein einigermaßen gutes Auskommen aufweisen, halten’s heute wesentlich schlichter. 50 – 100 Leute (ja, das ist für italienische Verhältnisse schlicht) sind heute eher die Regel. In den letzten Jahren auch weniger als 50 Personen.

Worin besteht denn so ein süditalienisches Hochzeitsbankett? Nun, da wäre mal der Aperitivo. Der wird, wenn die Brautpaare selbst schon öfter bei Hochzeiten dabei waren und aufmerksame Gastgeber sind, ausgegeben, so lange das Brautpaar noch in irgendeiner „location“ beim Fotografieren ist. Er besteht aus Prosecco, leckeren, farbigen Aperitiven, und Häppchen bis zum Umfallen. Auf riesigen Silbertabletts werden hunderte Hors d’Oevres gereicht. Man steht, meistens vor dem Restaurant oder in der Eingangshalle, der eigentliche Festsaal wird erst im Beisein der Brautleute betreten. Immer häufiger wird sehr viel Rücksicht auf die Gäste genommen und der Fototermin fällt relativ kurz aus, schon allein, weil die digitale Fotobearbeitung aus wenigem seeeehr viel machen kann, aber auch, weil die Fotografiererei sehr viel Geld kostet, das Album macht anschließend locker noch mal 1.500 Euro, wenn ein Film dabei ist….das doppelte. Immer mehr Brautpaare stellen daher Freunde zum Fotografieren ab und beschränken die offiziellen Fotos auf ein Minimum. Schon, um sich auch noch das Gedeck des Fotografen plus ein bis zwei Gehilfen zu sparen, denn die essen gratis mit, wenn sie während des Banketts auch noch fotografieren müssen. Nach Ankunft des Brautpaares und verschiedener Hoch-Rufe dann endlich das eigentliche Gelage: Primi….mehrere. Unter drei verschiedenen Pasta- und Reisgerichten geht nichts. Dazwischen werden in aller Öffentlichkeit Geschenke übergeben. Vornehmlich das Geschenk der Schwiegermutter an die Braut, die ihre Schwiegertochter mit Gold beschenkt. Sehr oft höre ich, dass das Brautpaar die Schwiegermutter dringend gebeten hat, davon Abstand zu nehmen, heute werden solche demonstrativen Aktionen der „Aufnahme in die Familie“ von den jungen Leuten eher als peinlich gewertet. Dann der „fast-Eklat“ während des Festes, die Schwiegermutter schickt alle Ermahnungen in den Wind und bittet sogar, die Musik abzustellen, damit alle mitbekommen, was da verschenkt wird. Das ist hier der eigentliche Generationskonflikt. Viele rituelle Handlungen während dieser Feierlichkeiten sind althergebracht, aber auch sehr überkommen, denn beispielsweise das Geschmeide der Schwiegertochter umzuhängen bedeutete damals, zu zeigen, wie kreditwürdig die neue Familie war, war Gold doch sicheres Anlagegut für schwerere Zeiten. Das ist heute nun wirklich nicht mehr notwendig. Oder besser: der Bank egal, die will andere Sicherheiten…Trotzdem können’s die Schwiegermütter oft nicht lassen….ein erster Hierarchiekampf?

Man ist inzwischen auch weitgehend davon abgekommen, dass Mutter und Braut die Möbel aussuchen gehen. Der salentinische Mann möchte heute auch mit aussuchen, wo er sich künftig bettet. Daher geht der Trend in den letzten 10 Jahren auch in Richtung „Arte povera“ – mit „schlichter Landhausstil“ zu übersetzen, oder sogar in Richtung „Ikea-mobili“ – hell, nicht massiv, aber zeitgemäß, solange die Eltern „massiv“ mitzureden hatten, gab’s eher die schwerere Variante, je barocker das Schlafzimmer, desto besser….heute sind eher gemütliche Sitzecken und stilvolle Couchtische als meterlange Tafeln zum Beherbergen von mindestens 12 Personen angesagt (dafür ist in den neuen Wohnungen auch gar kein Platz mehr….).

Zurück zum Bankett. Der „secondo“ der erste zweite Gang ist da. Der Tisch mit dem Brautpaar steht übrigens immer abseits, meistens thront er auf einer Plattform, damit alle das Brautpaar sehen können. Daneben sitzen die jeweiligen Eltern vice-versa (also die Brauteltern beim Bräutigam und umgekehrt) und dann die Trauzeugen. Die werden übrigens beschenkt, als Dank dafür, dass sie das Amt übernehmen. Ich habe von PCs und wertvollen Uhren, dem neuesten Schrei auf dem Mobiltelefonmarkt und anderem gehört, nehmen Sie das nun einfach mal kommentarlos hin…das ist die bescheidene italienische Art. Man darf sich da nicht lumpen lassen, man will sich schließlich nichts nachsagen lassen.

Nun, der Secondo, meist ein Fleischgericht mit Beilagen, ist im Anmarsch. Je mehr geladene Gäste, desto gewöhnlicher ist oft das Menu. Erlesen wird’s wenn’s wenige sind. Dann kann man wirkliche Gaumenfreuden bei einer italienischen Hochzeit genießen. Meistens kommt dann auch schon das „Sorbetto al Limone“, dass den Fleischgaumen „räumen“ und für den Fisch-Gang präparieren soll. Danach also der Fisch, der den Brautleuten wird, falls es ganzer Fisch ist, filettiert wird, schließlich soll es kein Drama während der Hochzeit geben, weil der Bräutigam den Fisch nicht ordentlich zerlegen kann. Die restlichen Gäste müssen schauen, wo sie bleiben, ich meine, wie sie ihren Fisch zerlegt bekommen. Da können Sie übrigens auch sehen, aus welchem Grund die MAMMA nicht beim Sohnemann sitzt….das käme nicht besonders gut, wenn sie ihm die Happen mundgerecht auf dem Teller vorbereiten würde, nicht? Nein, ich bin böse. Wie gesagt, meistens wohnen die jungen Leute schon seit ihrer Studienzeit alleine und sind keinesfalls die Muttersöhnchen, als die sie immer beschimpft werden. Allerdings, wenn sie zu Besuch daheim bei Mamma sind….na das ist wieder ein Thema für sich…

Nach dem Fisch kommt die Frutta, das Obst. Danach bestimmt ein Gelato, ein Eis, und je nach Jahreszeit Erdbeeren, Kirschen oder andere Köstlichkeiten noch extra. Dann ist der Moment der Hochzeitstorte gekommen: Meistens begleitet von Wunderkerzen, dem Hochzeitsmarsch, Applaus und vielem Pipapo. Der Anschnitt ist wahrscheinlich auf der ganzen Welt derselbe und irgendwann gibt’s in den meisten Fällen den obligatorischen Hochzeitswalzer. So viel wie auf deutschen Hochzeiten wird in Italien nicht getanzt. Aber auch hier gibt’s Ausnahmen. Wenn Sie sich aber vorstellen, dass das Bankett selbst je nach Zahl der Gäste zwischen 5 und 7 Stunden dauert, wo und wann soll man da noch tanzen?

Café gibt’s immer an der Bar. Dann rollt man pappsatt zu den Brautleuten, die fix und fertig in ihren Stühlen hängen und bekommt „la bomboniera“ als Dankeschön für’s da gewesen sein. „La bomboniera“ ist in Italien so eine Sache für sich. Ursprünglich gab es nur die „Confetti“, die Mandeln mit Zuckerguss überzogen. Die waren in niedliche weiße Schleierfetzen gewickelt und drin war ein winziges Billet mit Namen der Brautleute und dem Datum. Diese Confetti gab’s immer in ungerader Zahl, die geraden Zahlen bringen Unglück. Das Tütchen sollte man dann sammeln, zum Zeichen dafür, auf wie vielen Hochzeiten man gewesen war. Dann bekamen die Confetti eine solidere Umhüllung, eine kleine Tablettendose oder ähnliches. Dabei war dem Kitsch keinerlei Grenzen gesetzt. Je verschnörkelter, desto besser. Rokoko pur. Entsetzlich. Modernere Varianten reichen von kleinen Svarovsky-Aschenbechern bis Mini-Vasen aus böhmischen Kristall. Sie sehen, auch hier wieder….nach oben ist alles offen. Meine liebste Bomboniere hängt noch heute bei mir im Wohnzimmer. Franco und Anna haben vor mehr als 20 Jahren geheiratet und es war meine erste echt italienische Hochzeit. Es waren damals 400 Gäste, die Verwandten und die Brautleute auf Jahre verschuldet und die letzten Gäste gingen um 5 Uhr morgens. Aber seine Bomboniere, die hab’ ich wie gesagt, noch heute. Franco musste ja irgendwo einsparen. Also hat er mit seinem künstlerischen Talent die Innenstadt seiner Heimatstadt Casarano selbst skizziert und die Bleistiftskizze vervielfältigen lassen. Der schlichte Rahmen gab dieser sehr persönlichen Bomboniere die richtige Bedeutung. Bravo Franco. Bis heute hat das keiner getoppt. Das ist auch die einzige, die ich behalten habe. Den ganzen anderen Kitsch hab’ ich verschenkt und vieles davon war aus Silber.

Wie funktioniert das „Geben-Nehmen-Spiel“ einer italienischen Hochzeit? Das Hochzeitsgeschenk ist so teuer, wie der jeweilige Gast und Anverwandte konsumieren. Heute kann der Preis für das einzelne Gedeck durchaus bei 30 – 70 Euro pro Person liegen, je nach Portemonnaie und Spendierlaune. Wie in Mitteleuropa auch gibt es ausgewiesene Hochzeitstische in den verschiedensten Geschäften, die von 30 bis nach-oben-offen Euro alles anbieten, was das Brautpaar ausgesucht hat. Aber sagen wir’s mal so. Die meisten haben heute schon einen Hausstand, wenn offiziell auch noch keinen gemeinsamen. Und immer häufiger wird der Tisch „virtuell“ aufgestellt, d.h. man „sammelt“ für die Hochzeitsreise oder was auch immer. Man schenkt also, was man dann auf der Hochzeit konsumiert. Engere Verwandte kommen da natürlich nicht so günstig weg.

Im Mai beginnt auch die beliebte Sagra-Saison. Was ist eine Sagra? Ich nenn’s immer „Fress-Fest“. Ich denke, das kommt der Sache am Nächsten. Im Salento gibt es immer, überall und für alles essbare eine Sagra: Sagra del Pesce fritto (frittierter Fisch) in Gallipoli, Sagra del pane (Brot) in Cursi, Sagra della bruschetta ortolana (Bruschetta mit Gemüse) in Vitigliano, Sagra della frisella (doppelt getoastetes Brot mit Auflagen) in Taviano, Sagra dell’ anguria (Wassermelone) in Melpignano, Sagra del Würstel con la Birra (muss ich das übersetzen???) in Tuglie, Sagra della Melanzana (Aubergine) in Mesagne, Sagra della patata (Kartoffel) in Felline, Sagra del mare e del riccio (Meeresfrüchte und Seeigel) in Porto Badisco….ich könnte jetzt noch eine Seite lang so weiterschreiben. Sie sehen….es ist für alle und jeden was geboten. Wie sieht denn nun eine Sagra aus?

Jede Sagra hat ein Thema. Auf dem Dorfplatz werden Stände errichtet, Frauen und Männer, die zum Sagra-Komitee gehören, in weißen Kitteln und Häubchen auf dem Kopf, um einem Minimum an Hygiene zu genügen, stehen und bereiten direkt in der improvisierten Schauküche diverse Gaumenkitzel vor. Jede Sagra hat auch ihre eigene Organisation, aber vorab ein Tipp: Schauen Sie sich direkt bei Ankunft den Ablauf an: Meistens gibt es eine einzige Kasse und dann geht man sich mit Zettelchen nacheinander alles holen, was man bezahlt hat. Vergessen Sie Tabletts. Sie müssen möglichst viele Hände mitbringen, denn das muss alles balanciert und zu Tisch gebracht werden…so es welche gibt. Das ist das Lustige an einer Sagra. Man muss richtiges Organisationstalent UND Geschicklichkeit beweisen. Schmecken tut’s allemal. Sagre beginnen wie gesagt im Mai und erfahren in den Sommermonaten ein Crescendo. Dann können Sie auswählen, wohin Sie abends essen gehen wollen, denn fast jedes zweite Dorf hat in den zwei Hochsommermonaten jeden Abend eine Sagra. Auf diese Weise kommt man auch rum, im Salento…

Oft ist Musikbegleitung inbegriffen oder für direkt nach dem Essen vorgesehen. Und um die Traditionen zu pflegen, spielt sehr häufig eine der vielen Pizzica-Gruppen des Salento zum Tanz auf.

Was ist Pizzica? Die Pizzica gibt es, genaugenommen, in allen Teilen Süditaliens in verschiedenen Varianten. Sie entstammt den Bauerntänzen aus früheren Zeiten, hat aber auch Einflüsse der Tarantella und gilt als Heiltanz gegen den Biss der Tarantel. Pizzica-Tänze gibt es mehrere: Pizzica-Taranta (Heiltanz, sehr frenetisch und extatisch), Pizzica de Core (Werbungstanz, wunderschöner Paartanz, bei dem so richtig schön auf die ursprüngliche Weise geworben und geflirtet wird) und es gibt die Pizzica-Scherma, darin bewegen sich die Männer zur Musik und mimen einen Schwertkampf. Auf den heutigen Volksfesten wird vor allem die Pizzica de Core getanzt. Die anderen beiden Varianten sind so stilisiert und ritualisiert, dass sie eher als Vorführung dienen. Sollten Sie aber mal hier im Salento sein und es gibt solche Vorführungen….lassen Sie sich die nicht entgehen.
Die Pizzica ist heute nicht einfach nur eine traditionelle Musikart. Sie ist ebenfalls nicht einfach nur ein traditioneller Tanz. Sie ist eine neu-entdeckte Lebensart. Heutzutage gibt es in vielen Schulen während des Schuljahres Pizzica-Tanzkurse, wo schon die Kleinen in den Scuole Elementari lernen, sich zur Musik zu bewegen und zu tanzen. Herz der Pizzica ist das Tamburello und seine ganz spezielle Art das Tamburello zu schlagen bedarf viel Übung. Der Rest ist pure Lebenslust.
Ich empfehle Ihnen bei Ihrem nächsten Salento-Urlaub dringend ein Volksfest mit Pizzicamusik. Sie ist heilsam, anregend, belustigend und lässt einblicken in das Land gestern....und heute.
Sie sehen, Feste gibt’s genug, gleich in welcher Variante. Land und Leute recken und strecken sich nach dem Sommer aus.

Lesen Sie bald….Juni. Beginn der Badesaison. Die Uhren im Salento werden umgestellt.

Samstag, 6. Juni 2009

Ostern im Salento


Ostern im Salento

Wenn in den deutschen Geschäften Schoko,- Porzellan,- Gips und wer-weiß-was-noch-alles-Hasen auftauchen, dann finden in Italien die Eier in jeder Größe und Aufmachung ihren Weg in die Regale. Der Osterhase, der die Ostereier im Korb auf dem Rücken trägt, das Osternest, dass die Kinder an Ostersonntag finden müssen, sind hier gänzlich unbekannt. Vor ein paar Jahren standen plötzlich auch hier Schokoosterhasen vor mir und ich hab’ mich nicht schlecht gewundert. Aber bei den Italienern war der Geschäftserfolg dieses ihnen gänzlich unbekannten Ostersymbols mäßig, ja sogar sehr lau. Schließlich war keine Überraschung in ihm!

Ja, DA liegt nämlich der italienische Hase im Pfeffer: Die italienischen Ostereier sind mit Überraschungen gefüllt. Und wenn Sie jetzt an das Übliche Überraschungsei der uns so bekannten Marke denken, liegen Sie, dimensionsmäßig gesehen, ziemlich daneben. Die italienischen Eier sind grösser, viel grösser! Also Eier mit ordentlichen Überraschungen beginnen bei einer Grösse von 25-30cm und enden bei 2mt! Die italienischen Pasticcieri haben Hochsaison. Will man seine Angebetene mit was wirklich Edlem überraschen, geht „MANN“ erst zum Juwelier und anschließend mit dem kleinen Paket zum Pasticciere seines Vertrauens. Da wird dem kleinen Etwas eine ganz besondere Verpackung verpasst: Das Osterei nämlich. JA, wirklich. Die Angebetene bekommt also kein konfektioniertes Ei „von der Stange“, sondern ein Unikat. Frau hofft natürlich, Unikat auch das Innere!!!

So teuer muss es natürlich nicht werden. Wenn man Kindern eine Freude machen will, sind gewisse Marken eine Garantie für kleine Spielfreuden im Innern. Selbst edle Haushaltswarengeschäfte stellen fertig konfektionierte Eier aus und der Inhalt variiert von einem Basetti-Topflappenset zum edlen Sommelierköfferchen.

Falls Sie in den Salento fahren, und nicht vorhaben, italienische Ostereier zu verschenken, könnten Sie an den vorösterlichen Riten interessiert sein. Wissen Sie, es hat etwas Schauriges, diese zahlreichen, vor allem abendlichen Prozessionen durch spärlich beleuchtete Straßen…Nachdem die Pappmaché-Figuren aus der Sakristei geholt, abgestaubt und hergerichtet wurden, trägt man die schmerzensreiche Madonna, viele verschiedene Heilige und Christus durch die Strassen. Das an sich wäre nur eine Prozession. Schaurig-schön wird sie durch die Tatsache, dass das ganze fast immer in den frühen Abendstunden (Achtung, gemeint ist der italienische Abend, also so ab 19.30 Uhr, Anm. die Autorin) geschieht und dass die Blasmusikgruppe, die die Prozession begleitet, klagende, um nicht zu sagen, jammernde Weisen spielt. Die Madonna oder Heiligen werden begleitet von Priester, Ministranten, Betenden. Jetzt werden Sie denken, ja ok, Betende ältere Frauen mit Kopftuch….weit gefehlt. Ostern ist die Zeit der Rückkehr in den Schoß der Kirche. Auch junge Menschen nehmen an den Prozessionen teil. Das hat vor allem hier im Süden mit den Confraternite, den Bruderschaften und - seit ca. einem Jahrhundert gibt es auch verschiedene Schwesternschaften - zu tun. Früher ein Zusammenschluss wie der der Zünfte oder Innungen, ist die Bruder- oder Schwesternschaft heute ein religiös-sozialer Zusammenschluss. Die neugeborenen Familienmitglieder werden einer Bruder- oder Schwesternschaft der Familie zugeordnet, registriert und der Jahresbeitrag wird, meist von den Grosseltern, bezahlt. Die Bruderschaft kümmert sich um seine Mitglieder, leistet Hilfestellung so gut es geht und verlangt dies auch für die anderen Mitglieder. Lange Zeit ersetzten diese Körperschaften soziale Pflichten, die heute dem Staat obliegen. Geblieben sind die Bruder- und Schwesternschaften als Art Verein, man hat seine Zunftkirche, seinen Heiligen und dessen Ehrentag, man nimmt an Prozessionen teil, bei wichtigen sozialen Ereignissen wie Kommunion, Firmung, Hochzeit usw. sind die „Cumpari und Cummari“ (so sagt man hauptsächlich zu den Paten, aber nicht nur) da und vor allem geben Brüder- und Schwesternschaften jedem Mitglied das letzte Geleit und das Grab wird von den eigenen Beiträgen von der Bruderschaft bezahlt.

Sie sehen, in Süditalien ist nicht nur die Familie wichtig. Selbstverständlich, wo der Staat zu lange Zeit abwesend war, müssen sich andere soziale Einrichtungen in gewisser Weise um das Wohl der Gemeinschaft kümmern. Das blieb der Familie aber nicht alleine überlassen. Oft höre ich während meiner Führungen, „ja, die Italiener, vor allem die Süditaliener, die haben ja riesige Familienverbände, die zusammenhalten.“ Nun, sagen wir, in einigen Fällen stimmt das durchaus. Sie können sich aber auch denken, dass bei zahlreichen Familienmitgliedern auch zahlreiche Interessen vertreten werden. Angeheiratete wollen vor allem die Schäfchen ihrer eigenen Familie ins Trockene bringen, weniger die der Familie des Ehegatten…ich kann ihnen sagen, was nach außen Friede, Freude, Eierkuchen scheint, ist keinesfalls immer friedlich und ohne Zoff. Wenn Sie auf Hochzeiten oder anderen Familienfeiern alle zusammen sehen, heißt das nicht, dass es nicht unterirdisch gewaltig brodelt. „Die Welt ist ein Dorf,“ sagen die Italiener, um auszudrücken, dass gewisse Dinge überall gleich sind….Ob Sie nun ein Geschwister haben oder 5…wenn Interessen im Spiel sind, können sich alle spinnefeind sein.

Die Bruder- und Schwesternschaften verlieren heute auch immer mehr Mitglieder. Zwar kommen regelmäßig neue nach (wenn auch hier stark abnehmend, denn die Geburtenrate in Süditalien ist erschreckend niedrig), aber wenn die jungen Leute dann das Nest verlassen, um außerhalb zu studieren, verlieren sie das Interesse an den heimischen Verbindungen und wenn sie jahrelang nicht zurückkommen, sogar ihren beruflichen Lebensweg woanders beginnen……dann addio Confraternita.

Wir waren bei den vorösterlichen Prozessionen und Riten:

Ab dem Wochenende des Palmsonntag kann man täglich und in fast allen Orten des Salento vorösterlichen Zelebrationen beiwohnen. Beispielsweise der Heilige Lazarus von Bethanien wird am Samstag vor dem Palmsonntag gefeiert. Ihm zu Ehren gibt es in Lecce einen großen Markt und die Spenden in früheren Zeiten dienten wieder einem sozialen Zweck, ist der Hl. Lazarus doch der Patron der Kranken. Die Spenden kamen also vor allem den Krankenhäusern zu Gute. Auf dem S. Lazarus-Markt gibt es noch heute alles mögliche zu kaufen. Vor allem aber die Palmgebinde, die am nächsten Tag, dem Palmsonntag, gesegnet werden sollen. Außer Palmen kann man Ölzweige kaufen, die denselben Zweck erfüllen. Übrigens war es früher üblich, dass junge Männer, die sich verloben wollten, nach Lecce, wo es den größten Lazarus-Markt gab, fuhren, um sich die Palmgebinde zu kaufen. Denn nachdem sie gesegnet wurden, bekam die Auserwählte das Palmgebinde sozusagen als Eheversprechen. Das ersetzte den Verlobungsring.

Nach Palmsonntag beginnt im Salento die Karwoche, hier „Settimana Santa“ genannt. Früher war die Karwoche heilig, daher der Name: Der Olivenbauer stieg nicht auf die Leiter, um die Zweige zu schneiden, der Zimmermann nahm keine Säge zur Hand usw. Die Woche galt der Besinnung, der Busse, der Vorbereitung auf Ostern. Die Kirchen gleichen einem Haus, in dem jemand gestorben ist. Alles Goldene wird verhüllt, Statuen werden abgenommen, der Altar leer geräumt. Am Mittwoch wird die Schmerzensreiche, die schwarz gekleidete Madonna auf ihren Marienaltar gehoben, man betet mit ihr. Am Gründonnerstag dagegen beginnt der Gang zu den „Sepolcri“: Alle Kirchen dekorieren ein improvisiertes Grab, in dem noch niemand liegt. Schalen mit im Dunkeln gekeimtem Getreide und deshalb weiß gekeimt (Farbe der Unschuld) steht rund um das Grab herum, man sollte möglichst 13 Kirchen besuchen, auf alle Fälle aber eine ungerade Zahl von Kirchen. Man betet den Rosenkranz und tut still Busse. Die Städte hören deshalb nicht auf, ihr geschäftiges Treiben fortzufahren, aber in den Kirchen ist es trotz der vielen Menschen still. Man sucht, selten in diesen Breitengraden, innere Einkehr. Man bewundert das Grab mit den vielen Blumen und pilgert von Kirche zu Kirche. Ostern ist für die südlichen Breiten, was Weihnachten in Mittel- und Nordeuropa.

Ich habe vorhin schon erwähnt, dass die Statuen aus Pappmachée zu den Osterfeierlichkeiten in den Prozessionen durch die Strassen getragen werden. Wenn Sie diese Figuren sehen, werden Sie nie glauben, dass sie aus Pappmachée sind. Die örtlichen Meister machen sie den Holzstatuen, die man aus Mitteleuropa kennt, täuschend ähnlich. Da sind wir auch schon beim lokalen Kunsthandwerk, der „Cartapesta“. Nein, nicht Pestpapier, „pestare“ bedeutet stampfen. Das Papier oder die Pappe wird gestampft um die richtige Konsistenz zu bekommen. Der Kern der Pappmachée-Figur ist ein Drahtgestell, das je nach Größe der Figur entsprechend verstärkt ist. Darum wird Stroh gewickelt, dieses gibt der Figur Form und Silhouette. Die in einem Mehlbrei eingeweichte Pappe dient nun zur Endform. Sie wird um das Stroh gepappt, geformt, Stofffalten der Kleider der Figur werden geformt usw. Die Figur trocknet und kann dann bemalt werden. Extremitäten wie Kopf, Hände und Füße sind der Einfachheit halber aus Ton. Mein persönlicher Favorit wäre irgendwann einmal eine „Natività“, eine Krippe aus Cartapesta von einem Meister…..die Figuren sind erstarrte barocke Herrlichkeiten. Natürlich auch nicht billig, aber auf alle Fälle etwas ganz Besonderes.

Viele der lebensgroßen Heiligenstatuen, die man in den zahlreichen Kirchen des Salento sieht, stammen übrigens aus dem 17. und 18. Jahrhundert und stehen alle noch wie damals.

Und so nähern wir uns dem Osterfest. Der Karfreitag ist hier übrigens kein Feiertag. Und wenn man bedenkt, wie wichtig das Osterfest für die Italiener ist, dann wundert das eigentlich. Aber während in den Straßen der Altstadt die Via Cucis, also der Kreuzweg absolviert wird, oft noch heute von reuigen jungen Männern, die ein echtes schweres Holzkreuz auf dem Rücken schleppen, barfuss laufen und sich mehrere Kilometer bis zur Kirche, sprich der Kreuzigungsstätte, schleppen, tobt in den Strassen daneben der Kaufrausch und der Konsumwahn. Ganze Familien strömen aus den Supermärkten, die Einkaufswagen voll mit „Colombe“, Tauben (der Osterversion des Panettone), Uova di Pasqua (Ostereiern) aller Größen, nicht zu vergessen, Spumante (süßer Sekt) und oben drauf l’agnello pasquale (das Osterlamm – ein halb sitzend, halb liegendes Lamm aus Marzipan – pasta di mandorla, das allein schon ein kleines Vermögen kostet, weil garantiert handgemacht). Das sind die notwendigen Accessoirs auf der Ostertafel!

Zurück zur Via Crucis. Ich war sehr erstaunt von der Innbrunst, mit der die Via Crucis begangen wird. Der Christus wird begleitet von Maria und Maria Magdalena und mehreren anderen Frauen, die ihm die Stirn wischen, ihm zu trinken anbieten. Männer bieten an, ihm das Kreuz abzunehmen. Und dazwischen die Römer, die immer wieder mit Peitschen zum Weitergehen drängen. Es ist, nachdem man das gesehen hat, nicht schwer, sich vorzustellen, dass Mel Gibson hier in Matera (1,5 gute Autostunden von Gallipoli entfernt) seinen Film „passion“ gedreht hat. Vor einigen Jahren, Ostern fiel damals auf Mitte März, war es am Karfreitagabend bitterkalt, Schneeflocken tanzten um die Szenerie. Der junge Mann, der den Christus darstellte, war tatsächlich barfuss und auch alle anderen Darsteller waren entweder ohne Socken, oder barfuss. Ich glaube, man kann den Italienern in vielen Fällen Oberflächlichkeit nachsagen, aber Ostern und die Osterbräuche begehen sie meines Erachtens mit echter Hingabe an die Sache. Der junge Mann wurde vor der Kirche „gekreuzigt“ (ans Kreuz festgebunden) und hing eine lange Stunde am Kreuz. Ich hab’ mich immer gefragt, wofür er wohl um Vergebung bittet, denn das war kein Exhibitionismus. Es waren kaum Leute da und es war wirklich sehr kalt. Das war etwas zwischen ihm und dem Allmächtigen, an den er zweifellos glaubte.

Die Nacht von Karfreitag auf Samstag ist für viele Süditaliener eine Nacht, in der Wache gehalten wird. Bei Rosenkranz und stillem Gebet wird in der Kirche ausgeharrt, draußen ziehen immer wieder Blaskapellen und Heiligenfiguren (meistens die schmerzensreiche Madonna) vorbei und klagen laut. DAS ist nun so ganz anders, als man es aus Mitteleuropa kennt. Man hört die Klageweiber von einst, man fühlt sich zurückversetzt in andere Zeiten, die Nacht tut ein Übriges.

Der Samstag dient der Vorbereitung. In allen Hütten und Palästen, um es mal mit Büchner zu sagen, brodelt und dampft es. Die Signore kneten den Teig für die Pasta, sie frittieren und braten, sie kochen „il sugo“ – ein Name für ein ganzes kulinarisches Himmelreich (für mich jedenfalls). Am Samstagnachmittag wird es still. Man tankt Kräfte für eine weitere Nacht. Und wenn es dunkel wird, dann raunt es durch die Strassen….der Herr wird auferstehen….der tote Christus (entweder richtig vom Kreuz abgenommen oder mitsamt dem Kreuz) wird liegend durch die Strassen der Altstadt getragen. Wieder begleitet von klagenden Frauen, schweigenden Männern und einer jammernden Blaskapelle. Dann aber, nach Mitternacht, passiert das Wunder: Der auferstandene Christus wird auf gerichtet, ein Strahlenkranz von Glühbirnen umleuchtet sein Haupt und die Blaskapelle spielt fröhliche Lieder, Hosianna-Gesänge und, jetzt das Schönste: Er begegnet auf der Strasse zu allererst seiner noch immer trauernden Mutter. Dieser wird flugs ein weißer Schleier umgehängt, als Zeichen ihres Glücksempfindens, ihren Sohn lebend zu sehen. Muss ich jetzt noch erklären, warum die Mutter-Sohn-Beziehung in Italien einfach anders ist?

Also gut. Sie können diesen populistischen, folkloristischen Zelebrationen zugeneigt sein oder nicht. Berühren tun sie auf alle Fälle, wenn man einmal dabei war.

Dagegen ist der Ostersonntag direkt langweilig. Das obligatorische Hochamt, findet meistens erst so gegen 12 Uhr statt (naja, nach SO einer Nacht…), der Kirchenchor, so es einen gibt, frohlockt und es ist wirklich feierlich, gegen 14 Uhr wird getafelt und danach lässt man den Tag individuell ausklingen: Kartenspielen, Verwandte und Freunde besuchen und Colomba, Uovo und Agnello mitbringend, und manchmal auch, sich für den morgigen Ostermontag organisieren.

Ostermontag. Pasquetta (kleines Ostern). Für die süditalienische Natur DAS Horrorszenario schlechthin. Der programmierte Umwelt-GAU. Jeden Ostermontag begeben sich Scharen von Cliquen und Familien, Freunden und Verwandten zum Picknick vor die Haustür. Damit ist ein Park gemeint, ein Wald, in unserem Fall hier ist es auf alle Fälle der erste offizielle Ausflug ans Meer oder ans Haus ans Meer, ich erwähnte es in meinem März-Bericht. Die Lebensmittelläden und Supermärkte sind den ganzen Vormittag geöffnet, damit die Nachzügler (und derer gibt es viele) auch noch einkaufen können. Wenn Sie jetzt denken, dass es sich um ein herkömmliches Picknick mit einem bisschen Brot und Aufschnitt handelt, vielleicht ein paar Würste, fertigem Salat oder so etwas Ähnlichem…na, das ist nur die Vorspeise. Es gibt, je nach Ausdehnung und wer vorbereitet hat von Pasta al Forno (Lasagne oder andere überbackene Köstlichkeiten) zum Braten, schön warm gehalten in Wolldecken, so ziemlich alles was das Herz, pardon der Magen sich wünschen kann. Und dann fährt man mit Sack und Pack zum ausgesuchten Picknick-Ort. Dass dort schon andere zig „Comitive“ – Cliquen weilen und speisen – Nebensache. Man sucht schließlich nicht die Einsamkeit. Sondern nur das Beisammensein in der Natur. Leider ist die Natur davon nicht so begeistert. Denn die Hinterlassenschaften des heuschreckenartigen Einfalls der Menschen hierzulande am Ostermontag sind in den Pinienwäldern, Stränden und Parks noch lange sichtbar…

Es ist unnötig, darüber urteilen zu wollen. Es ist eine Mentalitätsfrage. Die Süditaliener sind zwar stolz auf ihre Landschaft, auf das Meer, aber dieselben sauber zu halten gehört einfach nicht zu ihren Aufgaben. Darum soll sich jemand anderer kümmern. Logische Einwände gelten nicht. Oder besser, sie gelten schon, nur nicht für den jeweiligen Dialogspartner. Vor der eigenen Haustüre ist es mit der Sauberkeit der Italiener vorbei. Die halbherzigen Kampagnen bezüglich des Umweltschutzes und des Erhalts der natürlichen Schönheiten „reden den Menschen hier nach dem Maul“, will heißen, sie bewirken nicht wirklich etwas. Und wer da zu sehr bohrt, macht sich unbeliebt. Viele kleine Komunen haben inzwischen beschlossen, die Mülltrennung einzuführen. Nicht etwa mit dem Argument des Umweltschutzes, des Recyclings kann man hier argumentieren – nein, das Durchsetzen dieses „neuen“ Phänomens verdankt die Umwelt ihrer Wirtschaftlichkeit. Es ist einfach billiger. Und damit waren die Gemeinderäte schnell überzeugt. Die eigenen Bürger brauchen da etwas länger….Immer noch lächle ich bitter, wenn ich nach Hause fahre und die großen Müllcontainer, die längs der Strasse am Meer stehen, weil sich dort die Mülltrennung schon wegen der wenigen Einwohner nicht lohnt, voll sind. Alle haben beim Sonntagsspaziergang ans Meer gleich schon mal bequemerweise ihre Mülltüte zum Entsorgen hierher gebracht….Freunde und Bekannte trösten mich: „Wir brauchen einfach länger. Wir sind da nicht so wie ihr Deutschen. Es ist schrecklich, aber es ist so.“ Italienischer Fatalismus. Bleibt einem nur, mit den Schultern zu zucken. Pazienza – Geduld.

Die letzten Jahre zeigen übrigens eine Veränderung in der Tradition. Man organisiert das Ostermontags-Picknick lieber im Haus am Meer. Da wurde in den vergangenen Wochen und Tagen schon Frühjahrsputz betrieben (März-Bericht) und nun können die weiten Flügeltüren geöffnet werden, Tische werden aneinander gereiht und es kann los gehen mit dem Getafel. Meist steckt dem Haus der Winter noch in den Knochen, besser in den Wänden und es ist unangenehm kühl, aber das tut der Picknicklaune keinen Abbruch.

Dieser Ostermontag war übrigens total verregnet. Das hat der Natur richtig gut getan…! Auch wenn das obligatorische Picknick dafür am ersten Mai nachgeholt wurde.

Eine weitere Brücke im April ergibt sich am 25. des Monats. An diesem Tag wird in Italien das Ende des Faschismus und die Befreiung des Landes von ebendiesem gefeiert. Dabei gelten besonders die „Partigiani“, die italienischen Widerstandskämpfer, die noch immer mit ihren 80 und mehr Jahren bei den Paraden mit marschieren und sich feiern lassen als Volkshelden. Weniger feierlich, dafür um so volksnaher, gibt sich dieser Tag im Süden am Meer. Während Politiker und weitere Würdenträger Reden und endlose Paraden in Schlips und Kragen über sich ergehen lassen müssen, zieht es die Süditaliener ans Meer. Mal sehen, wie warm das Wasser schon ist, ein erstes, zaghaftes „grosser-Zeh-Bad“ gehören zum 25. April wie die Partigiani.

Und so geht der April ins Land. Inzwischen blüht alles. Das Land ist so grün, dass das Auge die vielen Nuancen nicht mehr unterscheiden kann. Man sollte diesen Anblick genießen. Er wird nicht lange dauern. Denn schon in einem Monat kann es so heiß sein, dass die grünen Wiesen und Felder gelb werden und dann braun….

Lesen Sie bald: Der Mai ist gekommen….und das Hochzeitsbusiness in Süditalien…Ausserdem: Tag der offenen Palazzo-Höfe in Lecce…